Ähnlich äußerte sich der Bonner Virologe Hendrik Streeck im RTL-Nachtjournal. Die Daten hätten gezeigt, dass bereits nach der ersten Impfung mehr als die Hälfte der Geimpften vor der schweren Erkrankung geschützt sei. Wenn man die zweite Impfung später gebe, könne man durch die ersten Chargen der Impfdosen eigentlich die Impfkapazitäten verdoppeln. Darüber müsse es aber erstmal eine Diskussion geben. »Einfach ist die Entscheidung nicht, aber es wäre eine Möglichkeit, schnell mehr Menschen zu impfen.«
Großbritannien hatte am Mittwoch dem Impfstoff des britisch-schwedischen Pharmakonzerns Astrazeneca und der Universität Oxford als zweitem Impfstoff nach dem Biontech/Pfizer-Präparat eine Notfallzulassung erteilt. Gleichzeitig empfahl der Ausschuss, für beide Impfstoffe vorerst möglichst vielen Menschen nur die erste Impfdosis zu verabreichen. Die zweite Dosis solle innerhalb von zwölf statt der ursprünglich vorgesehenen etwa zwei bis vier Wochen gespritzt werden. Viele britische Experten begrüßten die Entscheidung als vernünftigen Ansatz, der Impfstoffknappheit zu begegnen. Sie wiesen aber auch darauf hin, dass die Wirksamkeit nach der ersten Dosis geringer ist und beobachtet werden müsse, ob sich die Strategie wirklich bewähre.
Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin an der Eberhard Karls Universität Tübingen, hält den britischen Ansatz grundsätzlich für sehr sinnvoll. »Wenn der Effekt der ersten Impfung mit der Zeit nicht schnell abnimmt, dann könnte die zweite Impfung auch noch später stattfinden, zum Beispiel erst nach sechs Monaten. Das wissen wir noch nicht. Bei anderen Impfstoffen wird das auch so gemacht.« (dpa)