AMSTERDAM. Sechs Wochen auf einem Segelboot durch die Karibik? Dazu Schulunterricht an Bord? Das klingt wie ein unvergessliches Abenteuer. Als 25 niederländische Schüler Anfang März in Amsterdam ins Flugzeug stiegen, konnte keiner ahnen, wie unvergesslich diese Reise werden sollte. Durch die Corona-Krise saßen die Schüler plötzlich fest. An Heimflug war nicht zu denken, doch vor ihnen lag der Ozean. Es half nichts: sie mussten Segel setzen. Jetzt sind die jungen Holländer auf dem Heimweg.
Zunächst waren die 14- bis 17-jährigen auf der niederländischen Karibikinsel Sint Maarten an Bord des Segelschiffs »De Wylde Swan« gegangen. Dort wohnten sie und bekamen Unterricht in Natur und Nachhaltigkeit. Mit dem stolzen Zweimaster sollten sie durch die Karibik schippern. Bis nach Kuba und von dort wieder nach Hause fliegen. So war der Plan.
Doch dann kam das Coronavirus. Ein Land nach dem anderen schottete sich als Reaktion auf die Pandemie ab. Vielen Passagierschiffen wurde das Anlegen in Häfen verweigert, aus Angst vor Ansteckung.
»Ein Rückflug war nicht mehr möglich«, erinnert sich Christophe Meijer von der Organisation Masterskip, die die Jugendreisen auf dem Schiff organisiert. Auch ein Aufenthalt auf Sint Maarten vielleicht für mehrere Monate schien angesichts des dortigen mangelhaften Gesundheitssystems keine sehr beruhigende Perspektive. Vor Crew und Schülern aber lag der Ozean. »Uns war schnell klar: Der einzig mögliche Heimweg ist jetzt übers Wasser«, sagte Meijer am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.
Doch was würden die Eltern sagen? »Die waren erleichtert«, sagt Meijer. Denn so sollten die Teenager auf jeden Fall nach Hause kommen. Und schließlich sollten sie auch von einer sehr erfahrenen Crew begleitet werden.
Bei den Schülern selbst war die Reaktion gemischt. Einige seien vor Freude in die Luft gesprungen, erinnert sich Meijer. Andere aber mussten drei Mal schwer schlucken. »Nun wurde es auf einmal bitterer Ernst.«
»Jetzt kriegen die Kinder eine besondere Lektion: Anpassen an die Umstände«, sagt Meijer. Und das ist keine Kleinigkeit: Denn fünf Wochen auf hoher See zu fahren, ist etwas ganz anderes, als durch die karibische Inselwelt schippern. Und das auch noch ohne Internet, Chips und Cola - für viele Teenager ist das hart. Zum Glück aber war niemand an Bord krank geworden.
»Das Boot ist wie ein Gefängnis«, sagte ein Junge dem niederländischen TV-Sender NOS unlängst. »Man kann nirgendwo hin.« Ein Mädchen schwärmt, dass sie Delfine gesehen hat und sogar einen Wal. »Vom Mast aus sieht man Kilometer weit«, sagt das Mädchen. »Und wo du auch hinschaust: nur Wasser. Cool.«
Als das Schiff unlängst bei den Azoren anlegte, konnten die Jugendlichen endlich einmal zu Hause anrufen und auch mit den Journalisten skypen. Denn auf See ist die »De Wylde Swan« nur im Notfall über Satellit zu erreichen.
Die Stimmung an Bord ist gut, berichtet Organisator Meijer. »Jetzt sind sie wie im Heldenrausch und sagen: Wir bringen uns selbst nach Hause.« Und dazu passt auch ein anderer als der ursprüngliche selbstgewählte Name der Gruppe »Pirates of the Caribbean«: Jetzt nennen sie sich »Warriors of the Ocean« - Krieger des Ozeans.
Und auch ohne Internet langweilt sich offenbar keiner. Die Schüler spielen viel, haben extra Hausaufgaben bekommen und jeder muss sowieso mitanpacken an Bord.
Am Dienstag hatte das Schiff die Iberische Halbinsel erreicht, und dann geht es Richtung Ärmelkanal. Je nach Wind und Wetterlage soll das Schiff nächste Woche in Harlingen in Friesland einlaufen. Und was wollen die Abenteurer dann als erstes tun? »Meine Eltern knuddeln«, sagt ein Mädchen, »und dann essen«. Und ein blonder Junge fügt lachend hinzu. »Viel essen.«