Zwei Tage nach der verheerenden Gewalttat im US-Bundesstaat Maine mit 18 Todesopfern hat die Polizei den mutmaßlichen Schützen tot aufgefunden. Den Ermittlern zufolge beging er nach seiner Tat Suizid. Warum der Mann in der Kleinstadt Lewiston am Mittwochabend ein solches Massaker anrichtete, ist noch Gegenstand der Ermittlungen. Seine psychische Verfassung habe dabei eine Rolle gespielt, teilte der in dem Bundesstaat für öffentliche Sicherheit zuständige Beamte, Mike Sauschuck, am Samstag mit. Es seien aber weitere Nachforschungen nötig.
Der Mann hatte am Mittwochabend in einem Freizeitzentrum und in einem Grillrestaurant das Feuer eröffnet. 18 Menschen im Alter von 14 bis 76 Jahren wurden durch Schüsse getötet. Der Schütze entkam, seine Spur verlor sich in der waldreichen Umgebung. Schon nach relativ kurzer Zeit identifizierte die Polizei den 40 Jahre alten Reservesoldaten Robert C. als mutmaßlichen Täter. Die Polizei fand seine Leiche eigenen Angaben zufolge dann am Freitagabend (Ortszeit) in einem Wohnwagen, der auf einem Ausweichparkplatz einer Recyclinganlage abgestellt war. Dort soll er zeitweise gearbeitet haben.
Die Behörden teilten mit, man habe eine Art Abschiedsnotiz gefunden, aus der hervorgehe, dass der mutmaßliche Schütze nicht damit gerechnet habe, lebend gefasst zu werden. Die Nachricht, die er auf einem Stück Papier hinterlassen habe, sei an einen Angehörigen gerichtet gewesen und habe die Zugangsdaten zu seinem Handy und zu Konten erhalten. Berichten zufolge war der Mann vor einigen Wochen in psychiatrischer Behandlung und soll sich eingebildet haben, Stimmen zu hören. Der Beamte sagte, er sei zumindest nicht zwangsweise behandelt worden - und solange dies nicht der Fall sei, könne man in Maine legal Waffen erwerben.
Endlich Gewissheit nach Stunden der Angst
Die Polizei fahndete zwei Tage lang mit einem Großaufgebot nach dem Verdächtigen. Auch eine Flucht per Boot schlossen die Ermittler nicht aus. Hunderte Hinweise von Anwohnern gingen in Zusammenhang mit der Fahndung ein. Die Suche gestaltete sich auch deshalb sehr schwierig, weil die dünn besiedelte Gegend viele Wälder und Sümpfe hat. Lewiston selbst hat knapp 40 000 Einwohner und liegt etwa 200 Kilometer nördlich von Boston an der US-Ostküste. »Ich atme heute Abend auf«, sagte die Gouverneurin von Maine, Janet Mills, am Freitagabend.
In der ländlichen Gegend des nördlichen Bundesstaates herrschte nach der Tat Ausnahmezustand - das öffentliche Leben kam praktisch zum Erliegen. Die Behörden verhängten eine Art Ausgangssperre und forderten Zehntausende Menschen in mehreren Gemeinden auf, ihre Häuser nicht zu verlassen. Schulen und Geschäfte blieben aus Furcht vor dem verschollenen Täter geschlossen. Erst am Freitagabend (Ortszeit) wurde die Anordnung aufgehoben.
»Heute Abend sind wir dankbar, dass Lewiston und die umliegenden Gemeinden sicher sind, nachdem die Menschen qualvolle Tage in ihren Häusern verbracht haben«, teilte US-Präsident Joe Biden nach dem Fund der Leiche mit. Zahlreiche »tapfere Polizeibeamte« hätten rund um die Uhr gearbeitet, um den Verdächtigen zu finden. »Es waren zwei tragische Tage - nicht nur für Lewiston in Maine, sondern für unser gesamtes Land.«
Jüngstes Opfer erst 14 Jahre alt
Die Behörden gaben am Freitag die Namen der 18 Todesopfer bekannt. Das jüngste wurde demnach nur 14 Jahre alt, das älteste war 76. Zudem wurden in den vergangenen Tagen immer mehr furchtbare Details über die Tat bekannt, da Augenzeugen ihre Erlebnisse schilderten. »Ich kroch um die Ecke, hatte aber zu diesem Zeitpunkt schon eine Schusswunde im Arm«, sagte Jennifer Zanca, die zum Tatzeitpunkt mit Freunden in dem Grillrestaurant war. Sie habe sich schließlich hinter einer Mülltonne versteckt. »Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll, denn das passiert einfach immer wieder, und es muss Lösungen geben«, sagte sie mit Blick auf solche Taten.
Das Massaker von Maine ist das tödlichste in den USA seit dem Amoklauf an einer Grundschule im Bundesstaat Texas im Mai 2022. Damals tötete ein Schütze in Uvalde 19 Kinder und zwei Lehrer. In den USA gehören diese Bluttaten auf traurige Weise zum Alltag. Schusswaffen sind dort leicht erhältlich und massenhaft im Umlauf.
Das führt immer wieder zu Diskussionen über eine Verschärfung des Waffenrechts, bislang jedoch ohne wirkliches Ergebnis. In der Regel scheitern Vorstöße für strengere Waffengesetze an den Republikanern und der mächtigen Waffenlobby. Auch Präsident Biden fordert immer wieder strengere Regelungen.
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