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Maddie-Fall: Angeklagter schweigt zu Vorwürfen

Der zweite Tag des Prozesses gegen den auch im Fall Maddie verdächtigen Christian B. ist geprägt von Anträgen der Verteidigung. Ihr Mandant sei freizusprechen, fordern die Anwälte des 47-Jährigen.

Prozess gegen Christian B.
Nach einer Verzögerung soll am zweiten Prozesstag nun die Anklage gegen Christian B. verlesen werden. Foto: Julian Stratenschulte/DPA
Nach einer Verzögerung soll am zweiten Prozesstag nun die Anklage gegen Christian B. verlesen werden.
Foto: Julian Stratenschulte/DPA

Im Prozess gegen den auch im Fall Maddie mordverdächtigen Christian B. ist die Verteidigung am zweiten Verhandlungstag in die Offensive gegangen. Sein Mandant werde nach dem Verfahren von den angeklagten Taten freizusprechen sein, sagte der Rechtsanwalt des 47-Jährigen, Friedrich Fülscher, im Landgericht Braunschweig.

Dem Deutschen werden drei Vergewaltigungen und zwei Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern in Portugal vorgeworfen. Wie sein Verteidiger ankündigte, wird der mehrmals verurteilte Sexualstraftäter von seinem Schweigerecht Gebrauch machen.

Gegen den 47-Jährigen wird seit Jahren wegen Mordverdachts im Fall der 2007 aus einer portugiesischen Ferienanlage verschwundenen kleinen Maddie ermittelt, wie im Juni 2020 überraschend öffentlich bekannt wurde. Die damals dreijährige Britin wurde aus einem Appartement an der Algarve entführt. Die deutschen Ermittler gehen davon aus, dass Madeleine McCann tot ist, obwohl eine Leiche nie gefunden wurde.

Verteidigung spricht von »medialer Vorverurteilung«

Der Fall ist nicht Gegenstand des aktuellen Prozesses. Die anderen fünf angeklagten Taten werden in Braunschweig verhandelt, weil Christian B. in der niedersächsischen Stadt seinen letzten deutschen Wohnsitz hatte. Verteidiger Fülscher kritisierte, dass Christian B. seit Juni 2020 im »weltweiten medialen Dauerfeuer« stehe.

Ermittlungsergebnisse seien der Verteidigung im Fall Maddie nicht vorgelegt worden, bemängelte er und sprach von »medialer Vorverurteilung«. »Wir verhandeln hier eben nicht den bekanntesten Vermisstenfall der Nachkriegszeit«, betonte der Rechtsanwalt aus Kiel.

Die Vorwürfe

Christian B. wird in dem Braunschweiger Prozess vorgeworfen, zwischen Ende 2000 und Frühjahr 2006 eine unbekannte 70 bis 80 Jahre alte Frau in ihrer portugiesischen Ferienwohnung im Schlafzimmer vergewaltigt und dabei gefilmt zu haben. Im gleichen Zeitraum soll er eine unbekannte mindestens 14-jährige junge Frau an einen Holzpfahl gefesselt, geschlagen und zum Oralverkehr gezwungen haben. Nach Angaben der Verteidigung könnten sich diese Taten auch früher ereignet haben und damit verjährt sein.

Außerdem soll Christian B. 2004 in Praia da Rocha eine damals 20-jährige Frau aus Irland mehrfach brutal vergewaltigt haben. Sie soll im Verlauf des Prozesses als Zeugin gehört werden. Oberstaatsanwältin Ute Lindemann schilderte in ihrer knapp 30-minütigen Anklage detailliert, wie der maskierte Vergewaltiger die junge Frau in ihrem Appartement gefesselt, geknebelt und gequält habe.

»Du hast Angst, nicht wahr?«, soll der Angeklagte die Gefesselte nach zwei Vergewaltigungen gefragt haben. Danach habe er die junge Frau ausgepeitscht und mit einem Messer in der Hand aufgefordert, vor dem Sofa zu knien. In diesem Moment habe die Zeugin Todesangst erlitten, sagte die Oberstaatsanwältin. Sie habe gedacht, dass er ihr den Kopf abschneidet. Der Vergewaltiger habe seine Sachen zusammengepackt und sei geflüchtet. Die Zeugin leide noch heute psychisch, auch erinnerten sie Narben in ihren Kniekehlen an die Fesselung mit wäscheleineartigen Seilen.

Zu diesem Vorwurf sagte der Verteidiger, die Zeugin habe in jener Nacht etwas Furchtbares erlebt: Ein maskierter Mann habe sie zum Sex gezwungen. Sie sei subjektiv überzeugt, dass es Christian B. gewesen sei. Allerdings gebe es Fehlerquellen. Die Zeugin habe zudem eine kreuzförmige Narbe auf dem Oberschenkel des Täters beschrieben. Dies schließe seinen Mandanten als Täter aus. »Die Person, die diese Tat begangen hat, war nicht der Angeklagte«, sagte Fülscher.

2007 und 2017 soll der Angeklagte vor einem zehnjährigen beziehungsweise vor einem elfjährigen Mädchen masturbiert haben. Hier könnte es sich aus Sicht der Verteidigung nur um Pseudo-Erinnerungen handeln, beeinflusst durch das Bekanntwerden des Mordverdachts gegen Christian B. im Fall Maddie.

Der zweite Prozesstag war darüber hinaus geprägt von zahlreichen weiteren Beweisanträgen der Verteidigung. Unter anderem beantragten die Anwälte von Christian B., Beweismaterial nicht zu verwenden, das 2016 auf dem Grundstück des Angeklagten in Neuwegersleben (Sachsen-Anhalt) entdeckt wurde. Die Datenträger, Bilder und Schriftstücke unter anderem mit Darstellungen von Kindesmissbrauch seien bei einer rechtswidrigen Durchsuchung gefunden worden.

© dpa-infocom, dpa:240223-99-92540/7