BERLIN. Die von Bund und Ländern angepeilte bundesweite 35er-Inzidenz könnte nach Experten-Meinung bereits Anfang März erreicht sein.
Voraussetzung sei jedoch, dass Maßnahmen wie Abstand halten und Maske tragen weiter eingehalten würden, sagte der Gießener Virologe Friedemann Weber am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Die Mathematikerin Maria Barbarossa vom Frankfurt Institute for Advanced Studies erklärte: »Unsere optimistischsten Vorhersagen zeigen, dass wir bereits in zwei Wochen die 50er-Inzidenz erreichen können.« Bis zum 7. März könnten sich die Zahlen in Richtung der 35 entwickeln - vorausgesetzt, alles bleibe zu.
Am Donnerstagmorgen lag die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) bundesweit noch bei 64,2. Bund und Länder hatten sich am Mittwoch auf eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 7. März verständigt. Sollte bis dahin die Sieben-Tage-Inzidenz unter 35 sinken, sollen die Beschränkungen schrittweise gelockert werden. Zuvor hatte die Bundesregierung eine Inzidenz von 50 angestrebt. »Ich bin positiv überrascht, dass man jetzt die Inzidenz von 35 einzieht und sich nicht nur über die 50 freut. Je niedriger, desto besser«, sagte Weber.
Unklar ist, ob der Trend der letzten Wochen anhält und die Zahlen weiter sinken. »Es gibt so viele Faktoren, die da eine Rolle spielen können«, sagte Barbarossa auch mit Blick auf die ansteckenderen neuen Virus-Varianten. Auch die Öffnung der Schulen sorge insbesondere in Städten wieder für vollere öffentliche Verkehrsmittel - und damit für mehr Ansteckungspotenzial.
Auch Weber nannte den Schritt »infektiologisch gesehen nicht gut«. Aus gesellschaftlicher Sicht sei er aber verständlich. Der Erlanger Infektionsimmunologe Christian Bogdan hält die schrittweise Öffnung von Kitas und Schulen in Abhängigkeit der lokalen Situation hingegen für sinnvoll.
Wichtig sei, bei womöglich wieder anschwellenden Zahlen mit neuen Beschränkungen gegensteuern zu können, betonte die Epidemiologin am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig, Berit Lange. Ein präziser Stufenplan müsse jedoch ebenso »nach oben durchdekliniert« sein - »falls, auch innerhalb des aktuellen Lockdowns, wieder Verschärfungen bei höheren Werten nötig werden sollten«. Auch Weber warnte, es brauche nicht nur den Fokus auf Lockerungen, sondern es müsse auch klar festgelegt sein, welche Bereiche bei ansteigenden Zahlen wieder geschlossen würden.
Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert Koch-Institut (RKI) 10.237 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet. Außerdem wurden 666 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet, wie aus Zahlen des RKI hervorgeht.
Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag laut RKI bundesweit bei 64,2. Vor vier Wochen, am 13. Januar, hatte die Inzidenz noch bei 155 gelegen. Ihr bisheriger Höchststand war am 22. Dezember mit 197,6 erreicht worden. Die meisten Bundesländer verzeichnen laut RKI weiterhin sinkende Sieben-Tages-Inzidenzen. (dpa)