GÖTTINGEN. In den kommenden Wochen werden einer Studie zufolge deutlich mehr Menschen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektionen sterben als in den vergangenen Wochen.
Modellrechnungen zeigten, dass die Zahl der Todesfälle durch Covid-19 in Deutschland bereits Anfang November auf 500 bis 800 pro Woche zunehmen dürfte, sagte die Leiterin einer Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen, Viola Priesemann. Möglicherweise falle der Anstieg sogar noch stärker aus.
Die bisher relativ niedrigen Zahlen von Todesfällen seien darauf zurückzuführen, dass sich bis Ende September überwiegend Menschen unter 60 Jahren mit dem Virus Sars-CoV-2 angesteckt haben, erläutern die Wissenschaftler um Priesemann. Seitdem steige die Zahl der gemeldeten Infektionen auch bei Über-60-Jährigen. Dies führe mit einem Zeitverzug von etwa zwei Wochen auch zu einem Anstieg der Todesfälle. An der Studie beteiligten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zahlreicher deutscher Forschungseinrichtungen.
Das Team analysierte den Anstieg der gemeldeten Neuinfektionen nach Altersgruppen und ermittelte aus der beobachteten Sterblichkeit in der jeweiligen Altersgruppe, wie sich die Zahl der Todesfälle durch Covid-19 entwickelt. »Nach einer umfangreichen Metastudie verzehnfacht sich die Sterblichkeitsrate bei einer Coronainfektion alle 20 Lebensjahre und erreicht um das 82 Lebensjahr rund 10 Prozent«, hieß es.
»Die Ergebnisse unserer Modellrechnungen stimmen sehr gut mit den beobachteten Entwicklungen in allen Altersgruppen überein«, sagte Priesemann. »Deshalb dürften auch unsere Prognosen für die kommenden zwei Wochen zuverlässig sein.« Vorhersagen darüber hinaus seien schwierig.
Dass sich seit Ende September vermehrt Menschen über 60 Jahren mit Corona infiziert haben, liegt den Wissenschaftlern zufolge daran, dass die Gesundheitsämter die Kontaktpersonen von Infizierten nicht mehr konsequent verfolgen und isolieren können. »Um die Kontrolle über das Infektionsgeschehen wiederzuerlangen, müssen die Fallzahlen unverzüglich gesenkt werden«, schreiben die Forscherinnen und Forscher laut Mitteilung im »Deutschen Ärzteblatt«, in dem die Studie veröffentlicht wurde. (dpa)