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Befangenheitsvorwürfe gegen Karlsruher Richter im Corona-Verfahren

Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Foto: Uli Deck
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Foto: Uli Deck

KARLSRUHE. Das Bundesverfassungsgericht sieht sich mit neuen Befangenheitsvorwürfen wegen eines gemeinsamen Abendessens mit Mitgliedern der Bundesregierung im Kanzleramt konfrontiert. Eine Sprecherin des Karlsruher Gerichts bestätigte am Montag, dass in einem Verfahren zur sogenannten Corona-Notbremse des Bundes (Az. 1 BvR 781/21) ein Ablehnungsgesuch eingegangen sei. Es richte sich gegen Gerichtspräsident Stephan Harbarth und die Richterin Susanne Baer. Zuerst hatte die »Welt am Sonntag« (WamS) darüber berichtet.

Das Treffen in Berlin hatte am 30. Juni stattgefunden. An dem Abendessen mit der Kanzlerin nahmen alle 16 Verfassungsrichterinnen und -richter und die meisten Bundesministerinnen und -minister teil, wie in der Regierungsantwort auf eine frühere AfD-Anfrage steht.

Wegen dieses Treffens hatte auch schon die AfD den Richtern Befangenheit vorgeworfen - in einem Verfahren zu Äußerungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Thüringen-Wahl. Das Gericht hatte diesen Antrag im Juli mit der Begründung zurückgewiesen, die regelmäßigen Treffen seien Ausdruck des Respekts zwischen den Verfassungsorganen. Das Gericht sei permanent mit Verfahren befasst, die das Handeln der Regierung beträfen. Würde ein Treffen Zweifel an der Unvoreingenommenheit begründen, wäre ein Austausch unmöglich. Ein solches Misstrauen widerspreche auch »dem grundgesetzlich und einfachrechtlich vorausgesetzten Bild des Verfassungsrichters«.

Das neue Ablehnungsgesuch wurde laut »WamS« von dem Berliner Anwalt Niko Härting gestellt. Er schrieb am Samstag auf Twitter, Harbarth habe Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) Gelegenheit gegeben, die Bundes-Notbremse zu erläutern. Auch Baer habe zum Thema gesprochen. Gleichzeitig wolle das Gericht auf eine Verhandlung zur Notbremse verzichten. Dies wecke Zweifel an der Unvoreingenommenheit. Das Gericht hatte im August mitgeteilt, dass es voraussichtlich per schriftlichem Beschluss entscheiden werde, damit es schneller gehe.

Aus der Regierungsantwort auf die AfD-Anfrage geht hervor, dass eines der Themen bei dem Treffen tatsächlich »Entscheidung unter Unsicherheiten« hieß. Zur Einleitung des Gedankenaustauschs habe es Impulsvorträge gegeben. Ein Sprecher des Justizministeriums bezeichnete den Vorwurf einer unzulässigen Einflussnahme auf Anfrage als »völlig abwegig«. In Lambrechts Redemanuskript werde die Wichtigkeit einer »starken Verfassungsgerichtsbarkeit« hervorgehoben und darauf hingewiesen, dass »tatsächliche Unsicherheiten« wie in der Corona-Pandemie »keinen Blankoscheck« für die Politik bedeuteten. Der Wortlaut der gesprochenen Rede sei nicht dokumentiert. (dpa)