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Aktuell Bundestagswahl

Wen wähle ich? Alternativen zum Wahl-O-Mat und was Nutzer beachten müssen

Plakate stapeln sich an Laternen, im Fernsehen reiht sich eine politische Sendung an die nächste. Vor der Bundestagswahl werden Bürger mit Informationen überschüttet. Trotzdem wissen viele nicht, wen sie wählen sollen. Online-Tools können bei der Meinungsfindung helfen. Welche Alternativen es zum Wahl-O-Mat gibt.

Foto: Andreas Prott – stock.adobe.com
Foto: Andreas Prott – stock.adobe.com

REUTLINGEN. Bei der Bundestagswahl am 26. September stehen in Baden-Württemberg 24 Parteien auf dem Wahlzettel. Hinzu kommen 10 Direktkandidaten im Wahlkreis Reutlingen und 13 in Tübingen. Hinsichtlich dieser Auswahl fällt vielen die Entscheidung, wo sie ihr Kreuz machen sollen, schwer. Online-Tools können bei der Meinungsfindung helfen. Der GEA hat eine Auswahl getestet.

Wahl-O-Mat

Der Wahl-O-Mat ist der Platzhirsch unter den digitalen Entscheidungshilfen. Betrieben wird er von der Bundeszentrale für politische Bildung und wurde im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 bereits mehr als 14,3 Millionen Mal angeklickt. Das Tool will ausdrücklich keine Wahlempfehlung liefern. Ziel ist es vielmehr, Politik auf spielerische Weise zu vermitteln und zu zeigen, welche Parteien der eigenen politischen Meinung am nächsten stehen. User müssen dafür 38 Thesen mit »stimme zu«, »neutral« oder »stimme nicht zu« beantworten. Einzelne Standpunkte können doppelt gewertet werden. Dann vergleicht der Wahl-O-Mat die Antworten des Nutzers mit denen von bis zu 38 Parteien und liefert als Ergebnis die prozentuale Übereinstimmung. Außerdem können die Nutzer bei den meisten Parteien die Begründung für ihren Standpunkt einsehen.

Wahl-Kompass

Der Wahl-Kompass stellt dem Nutzer 30 Fragen und bietet je fünf Antwortmöglichkeiten. Damit soll gewährleistet werden, dass die Parteien »mehr Farbe bekennen« als beim Wahl-O-Mat, wie Politikwissenschaftler Norbert Kersting meint. Seine Universität Münster hat das Tool entwickelt. Positioniert haben sich die Parteien bei den Thesen aber nicht nur selbst, auch Politikwissenschaftler hatten Einfluss. Zu jeder Frage kann eine Einschätzung der Parteien eingesehen werden. Das Gesamtergebnis wird den Logos der Parteien in einem Kompass dargestellt. So kann der User sehen, welche Partei seinen Ansichten am nächsten kommt. Die Gewichtung von Themen kann verändert werden, was die Anordnung auf dem Kompass nochmals verändert.

DeinWal

Das privat finanzierte Projekt DeinWal wertet nicht wie die meisten anderen Tools die Parteiprogramme aus, sondern die tatsächlichen Abstimmungen im Bundestag der vergangenen vier Jahre. Zu jeder der 25 Thesen werden zudem Hintergrundinfos geliefert. Jede Frage kann mit einem Daumen nach oben oder nach unten beantwortet werden. Themen, die dem Nutzer besonders wichtig sind, können mit einem Herzchen markiert werden. Die Auswertung liefert neben einer prozentualen Übereinstimmung einen Überblick, bei welchen Fragen die Parteien einen Daumen nach oben oder unten vergeben haben.

Kandidierenden-Check

Welchem Kandidaten im Wahlkreis gebe ich meine Erststimme? Bei dieser Entscheidung soll der Kandidierenden-Check helfen. Das Tool ist ein Projekt der Organisation »Abgeordnetenwatch«, die sich für Transparenz in der Politik einsetzt. User müssen zunächst ihre Postleitzahl angeben und anschließend 24 Thesen mit »stimme zu«, »neutral« oder »lehne ab« beantworten. Die Standpunkte werden dann mit den Ansichten der Direktkandidaten aus dem eigenen Wahlkreis verglichen. Das Ergebnis ist in Prozent angegeben und zeigt die Übereinstimmung der eigenen Standpunkte mit denen der Kandidaten, inklusive ihrer persönlichen Begründung. Nicht alle Politiker haben jedoch auf die Fragen von »Abgeordnetenwatch« geantwortet. Im Wahlkreis Reutlingen fehlt beispielsweise Michael Donth (CDU), im Wahlkreis Tübingen Ingo Reetzke (AfD).

Wahltest

Die Digitalagentur Wegewerk will mit ihrem Tool besser sein als der Wahl-O-Mat. Um das zu erreichen, müssen die Nutzer die 25 Thesen im Wahltest nicht mit schlichten Ja-Nein-Fragen beantwortet, sondern sich präzise festlegen. Etwa: Soll das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland 2030, 2038 oder gar nicht abgeschaltet werden? Zu jeder Frage gibt es Hintergrundinfos. Und es kann in drei Abstufungen gewichtet werden, wie wichtig das Thema dem Nutzer ist. In der Auswertung wird neben der prozentualen Übereinstimmung angezeigt, bei welchen Fragen es mit welcher Partei ein »Match« gibt, also die Überzeugungen zusammenpassen. Nachteil: Es sind nur die sechs Parteien dabei, die aktuell im Bundestag sind.

WahlSwiper

Politische Meinungsbildung sollte einfach sein und Spaß machen, lautet das Motto von VoteSwiper. Deshalb hat der Verein in Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg die Anwendung WahlSwiper auf den Weg gebracht. Design und Haptik erinnern an das Dating-Portal Tinder. User müssen insgesamt 36 Thesen beantworten, am besten funktioniert das in der Smartphone-App für iOS oder Android. Um einer These zuzustimmen, wischt man nach rechts, um abzulehnen nach links. Fragen können doppelt gewichtet und übersprungen werden. Eine neutrale Antwort gibt es nicht. Am Ende wird die prozentuale Übereinstimmung mit 36 Parteien angezeigt. Nicht alle haben ihre Standpunkte begründet.

Umfrage (beendet)

Wer soll Bundeskanzler werden?

Drei Politiker streben die Nachfolge von Angela Merkel an.

31%
19%
50%

Wahlcheck

Der Wahlcheck richtet sich an junge Wähler und verfolgt einen neuen Ansatz. Zwar geht es auch hier um allgemeine Fragen wie bei anderen Wahlhilfen – 24 sind es. Aber statt direkt auf eine Antwort zu klicken, wird die Debatte zunächst in einem kurzen Text erklärt. Erst danach soll abgestimmt werden. Zu jedem Thema gibt es ergänzende Zeitungsartikel mit Pro- und Contra-Positionen. Zudem werden die Positionen der sechs im Bundestag vertretenen Parteien einzeln beschrieben. Hier kann jeweils abgestimmt werden, ob die Argumente überzeugt haben oder nicht. Beim Wahlcheck gibt es am Ende keine Übersicht, welche Partei den eigenen Überzeugungen am nächsten kommt. Es ist kein Tool, bei man sich in fünf Minuten durchklickt, sondern sich über längere Zeit informieren kann.

Weitere Wahlhilfen

Einige digitale Wahlhilfen konzentrieren sich auf Spezialthemen. Der Sozial-O-Mat der Diakonie Deutschland widmet sich mit 20 Thesen beispielsweise den Themen Arbeit, Gesundheit, Migration sowie Familie und Kinder. Speziell an Landwirte richtet sich dagegen der Agrar-O-Mat. Die Redakteure der Fachzeitschrift Agrarheute haben 24 Thesen etwa zu Betriebsprämien, Tierschutz und Ökolandbau erstellt. Mit welcher Partei man als Wähler steuerlich am besten fährt, zeigt der Steuer-O-Mat, der vom Institut der Deutschen Wirtschaft und dem Online-Portal smartsteuer.de bereitgestellt wird. Beim Klimawahlcheck von Klima Allianz und Nabu geht es in 28 Fragen um Umweltschutz, während beim Tool Wahltraut das Thema Gleichstellung im Fokus ist. Initiative »#stattblumen« hat dazu 32 Thesen formuliert. (GEA)