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EU-Kommissar: Twitter verlässt Kodex gegen Desinformation

Twitter will scheinbar aus einem freiwilligen EU-Verhaltenskodex gegen Desinformation austreten. Bald will die EU das Vorgehen gegen Falschinformationen jedoch gesetzlich verschärfen.

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Twitter steht immer wieder für seinen Umgang mit Desinformation in der Kritik. Foto: Mary Altaffer
Twitter steht immer wieder für seinen Umgang mit Desinformation in der Kritik.
Foto: Mary Altaffer

Der Kurznachrichtendienst Twitter tritt laut Angaben der EU-Kommission aus einem EU-Abkommen gegen die Verbreitung von Desinformation im Internet aus. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton schrieb in der Nacht zu Samstag auf Twitter, das soziale Netzwerk verlasse den freiwilligen EU-Verhaltenskodex gegen Desinformation. »Aber die Verpflichtungen bleiben. Man kann weglaufen, aber man kann sich nicht verstecken«, schrieb er.

Über die freiwilligen Verpflichtungen hinaus werde der Kampf gegen Desinformation ab dem 25. August eine gesetzliche Verpflichtung im Rahmen des sogenannten EU-Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) sein. »Unsere Teams werden auf die Durchsetzung vorbereitet sein«, schrieb Breton.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser nannte das Vorgehen von Twitter verantwortungslos. »Desinformation, Lügen und Propaganda befeuern Hass und sind Gift für die Demokratie«, schrieb die SPD-Politikerin am Samstag auf Twitter. Es sei gut, dass es in Kürze striktere EU-Regeln gebe. »Unser Recht gilt für alle Plattformen, wir werden es durchsetzen.«

Auch Digitalminister Volker Wissing drohte mit Konsequenzen. »Twitter sollte sich seiner besonderen Verantwortung im Umgang mit Desinformationen bewusst werden und sein Engagement eher stärken als sich zurückzuziehen«, sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. »Andernfalls werden wir im Zusammenhang mit dem Digital Services Act über verpflichtende Maßnahmen sprechen müssen.«

Im Februar hatte die EU-Kommission Berichte darüber veröffentlicht wie Online-Plattformen, unter anderem auch Google, Meta, Microsoft und TikTok, die Regeln des freiwilligen EU-Verhaltenskodexes umsetzen. Der Bericht von Twitter sei hinter den anderen zurückgeblieben, stellte die Brüsseler Behörde damals fest. Die Plattformen zeigten in ihren Berichten unter anderem, wie viele Fake-Accounts erstellt und genutzt wurden oder wie sich Faktenchecks auf die Verbreitung von Desinformationen auswirkten.

Twitter-Chef Musk beruft sich auf Meinungsfreiheit

Das Gesetz über Digitale Dienste soll darüber hinaus unter anderem sicherstellen, dass Plattformen illegale Inhalte auf ihren Seiten schneller entfernen. Die Vorgaben gelten ab Mitte Februar 2024 in der gesamten EU - für besonders große Plattformen schon früher.

Breton hatte Ende November gesagt, Twitter müsse seine Anstrengungen zur Einhaltung von EU-Recht verstärken. Das soziale Netzwerk müsse transparente Nutzerrichtlinien einführen, Inhalte deutlich stärker moderieren, die Meinungsfreiheit schützen und entschlossen gegen Desinformation vorgehen.

Twitter-Chef Elon Musk hatte stets betont, die aus seiner Sicht zu starken Einschränkungen der Meinungsfreiheit auf der Plattform zu beseitigen. Vor gut zwei Wochen hatte der Tech-Milliardär angekündigt, den Chefposten bei Twitter nach einem chaotischen halben Jahr in die Hand der Werbe-Expertin Linda Yaccarino zu legen.

© dpa-infocom, dpa:230527-99-843738/4