MAINZ. Vor dem Start einer Versteigerung von 5G-Mobilfunkfrequenzen muss die zuständige Bundesnetzagentur weitere Kritik einstecken.
Die Auktion sei zwar »der bislang wichtigste Meilenstein auf Deutschlands Weg in das 5G-Zeitalter«, sagte der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Achim Berg. Er bemängelte aber überzogene Ausbauregeln und ein »Auflagenkorsett«, das die Wirtschaftlichkeit der geplanten Investitionen in Frage stelle. Damit vertrat Berg den Standpunkt der Netzbetreiber Deutsche Telekom, Bitkom und Vodafone, die Mitglieder der Bitkom sind.
Heute beginnt die Auktion, die vermutlich mindestens drei Wochen dauern wird. Behördenchef Jochen Homann drückt symbolisch den Knopf einer alten Uhr, die schon im Jahr 2000 im Einsatz war: Damals nahm der Bund rund 100 Milliarden D-Mark ein für UMTS-Frequenzen (3G). Im Rückblick war das viel zu viel - der Branche fehlte dadurch Geld für die Investitionen und es entstanden Funklöcher, unter denen Deutschland als Mobilfunkstandort bis heute leidet. Bei den nächsten Auktionen pendelten sich die Einnahmen bei grob gesagt 5 Milliarden Euro ein, also nur noch ein Zehntel.
Auch bei der jetzigen Versteigerung kann der Bund auf eine ähnliche Größenordnung hoffen. Fachleute gehen von einer Einnahmespanne von 3 bis 5 Milliarden Euro aus. Unklar ist, wie sich der Markteintritt von United Internets Tochterfirma Drillisch auswirkt - der Konzern aus Montabaur in Rheinland-Pfalz ist erstmals mit von der Partie bei einer Mobilfunkauktion. Möglicherweise treibt das den Preis der 41 Frequenzblöcke nach oben. Andererseits gelten die Auflagen tatsächlich als relativ hart - dadurch wiederum könnten die Verkaufserlöse absinken.
Das Geld will der Bund in die Digitalisierung stecken, also in die Förderung von Glasfaserausbau und für eine bessere digitale Infrastruktur an Schulen.
Die Gewerkschaft Verdi forderte eine Verschiebung der Versteigerung. Sie hält es für unpassend, dass der Bund überhaupt Geld bekommt für die Frequenzen. »Das Geld, das für die Auktion ausgegeben wird, kann nicht mehr in die Infrastruktur gesteckt werden«, sagte der zuständige Verdi-Mann Christoph Heil. Stattdessen sollten die Frequenzen besser den drei bisherigen Netzbetreibern Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica überlassen werden, die sich im Gegenzug zu weitreichendem Ausbau verpflichten sollen - dafür hätten sie dann ja Geld, da sie bei der Auktion nicht tief in die Tasche greifen mussten, so die Argumentation von Verdi.
Der Gewerkschafter warnte vor jahrelangen Verzögerungen beim Netzausbau, da Banken und Investoren angesichts von Risiken möglicherweise nicht bereit wären zur Finanzierung.
Die Bundesnetzagentur zeigte sich unterdessen unbeeindruckt von derlei Kritik - aus ihrer Sicht sind die Regeln für den Netzausbau ausgewogen. So sehen das auch Experten wie Professor Torsten Gerpott von der Universität Duisburg-Essen.
Unlängst bekam die Behörde zudem Rückenwind vom Kölner Verwaltungsgericht, das Eilanträge von den drei Netzbetreibern und von Freenet ablehnte. Sogenannte Hauptsacheverfahren sind zwar weiterhin anhängig bei dem Gericht, allerdings gelten sie nach dem deutlichen Fingerzeig des Gerichts als wenig chancenreich.
Werden die Ausbauregeln der Bundesnetzagentur in den kommenden Jahren allen Zweifeln zum Trotz umgesetzt, käme Deutschland beim mobilen Internet wesentlich voran. Bis Ende 2022 sollen 98 Prozent der Haushalte je Bundesland mit schnellem Internet versorgt werden, zudem gibt es Pflichten für den Ausbau an Autobahnen, Bundesstraßen und anderen Strecken.
Durchgeführt wird die Auktion in Mainz, wo der Technik-Standort der Bonner Bundesnetzagentur ist. Das Kürzel 5G steht für 5. Mobilfunkgeneration. Die Übertragungsrate ist etwa 100 Mal so schnell wie sein Vorgänger 4G, auch LTE genannt. Vor allem für die Industrie spielt 5G eine große Rolle. Privatpersonen dürfte hingegen 4G/LTE für die meisten mobilen Anwendungen reichen. (dpa)