REUTLINGEN. Die Diskussion über die Zukunft der CDU nach dem Debakel bei der Bundestagswahl ist in vollem Gange. Die Rufe nach Erneuerung werden immer lauter. Wie wird das bei der CDU in Baden-Württemberg gesehen? Wie sehen das CDU-Landeschef Thomas Strobl, der Bundestagsabgeordnete Michael Donth, Reutlingens Kreisvorsitzender Manuel Hailfinger und die Reutlinger Stadtverbandsvorsitzende Gabi Gaiser? Sie alle antworteten auf die Frage: Soll Armin Laschet als Bundesvorsitzender der Partei zurücktreten und die CDU in die Opposition gehen, um sich zu erneuern?
- Thomas Strobl
»Das Ergebnis für die CDU ist bitter, da gibt es kein Vertun. Trotz eines engagierten Schlussspurts hat es nicht für Platz eins gereicht. Daher gibt es auch keinen Regierungsauftrag. Aber weil es um das Land geht, machen wir als Union ein Angebot, sind zu Gesprächen bereit. Wir brauchen eine Regierung, die Deutschland kraftvoll aus der Krise führt, Ökologie und Ökonomie versöhnt und die Gesellschaft im Blick hat. Union, Grüne und FDP könnten gemeinsam einen breiten gesellschaftlichen Bogen spannen. Und wenn die CDU die Chance hat, Verantwortung für unser Land zu übernehmen, sollten wir sie ergreifen. Sich direkt in die Opposition zu verabschieden, würde ich für falsch halten. Unabhängig davon, wie die Koalitionsverhandlungen ausgehen, muss, wird es eine Aufarbeitung, eine Analyse geben. Und dafür nehmen wir uns Zeit.«
- Manuel Hailfinger
»Nein, für uns heißt es jetzt gemeinsam in Ruhe die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wir haben in der Bundestagsfraktion und vor Ort in unseren Verbänden dafür zu sorgen, dass die inhaltliche und personelle Erneuerung unserer Union in den nächsten Jahren gelingt. Der Wahlkampf hat viele Probleme unserer Union ans Tageslicht gebracht. In der Kampagne ist es nicht gelungen, eigene Themen im Wahlkampf zu setzen. Wenn die Verhinderung von Rot-Grün-Rot unser einziges Ziel ist, ist das zu wenig. Nach 16 erfolgreichen Regierungsjahren brauchen wir daher jetzt einen programmatischen Aufbruch mit einem Reformparteitag und eine stärkere Einbindung der Mitglieder bei personellen und programmatischen Entscheidungen. Für die Regierungsbildung liegt der Ball nun zunächst im Spielfeld der SPD und wir werden sehen, ob sie es wirklich schafft, eine Regierung zu bilden.«
- Michael Donth
»Die Union braucht jetzt keine Personaldiskussion, sondern einen kühlen Kopf. Unser Land benötigt eine stabile Regierung und eine der möglichen Optionen ist ein Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP, das entscheiden zunächst aber nicht wir. Die Menschen, die uns gewählt haben, erwarten, dass wir bereit sind, mitzugestalten. Diese Bereitschaft haben wir formuliert und wollen das auch. Wir müssen jetzt geschlossen in die Gespräche zur Regierungsbildung gehen. Sollte dieses Bündnis nicht zustande kommen, müssen wir einen Diskussionsprozess einleiten und sicherlich auch entsprechende personelle Konsequenzen ziehen. Auch die Parteibasis muss stärker miteinbezogen werden.«
- Gabi Gaiser
»Die CDU muss diese Wahlniederlage dringend aufarbeiten, sowohl inhaltlich wie personell. Es kann ein Weiter-so nicht geben. Diese Aufarbeitung des Wahlergebnisses wird im Rahmen des Bundesparteitags stattfinden müssen. Es ist aber nicht ausreichend, dass die Aufarbeitung ausschließlich durch die Delegierten erfolgt, in dieser Situation muss die Basis unserer Partei miteinbezogen werden. Auch Armin Laschet muss die Verantwortung übernehmen, aber sicher nicht nur er. Es gibt auch in der CDU Reutlingen unterschiedliche Auffassungen, ob die CDU in die Opposition gehen soll. Sondierungsgespräche mit den anderen demokratischen Parteien können stattfinden, auch in Baden-Württemberg wurde vor elf Jahren eine Regierung gebildet unter Führung der nur zweitstärksten Partei. Ich persönlich bin der Meinung, dass eine wirkliche Erneuerung in der Opposition stattfinden sollte.« (GEA)