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Vor neuer Trump-Ära: Heftige Attacken im Ukraine-Krieg

Donald Trump will den Krieg zwischen Russland und der Ukraine schnell beenden. Kurz vor seiner Vereidigung versuchen beide Seiten, ihre Ausgangsposition zu verbessern. Auf Kiew prasseln Raketen.

Ukraine-Krieg - Lage in Kiew
Die ukrainische Hauptstadt Kiew wurde am Morgen zum Ziel eines russischen Raketenangriffs. (Archivbild) Foto: Ulf Mauder/DPA
Die ukrainische Hauptstadt Kiew wurde am Morgen zum Ziel eines russischen Raketenangriffs. (Archivbild)
Foto: Ulf Mauder/DPA

Kurz vor der Amtseinführung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump sind bei russischen Raketenangriffen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew und die Großstadt Krywyj Rih mehrere Menschen getötet worden. In beiden Städten gab es durch den Beschuss nach ukrainischen Angaben jeweils mindestens vier Tote. Aus Russland wurden derweil ukrainische Drohnenangriffe gemeldet, die zwei Treibstofflager in Brand gesetzt haben sollen. Militärexperten zufolge versuchen sowohl Russland als auch die Ukraine, mit gegenseitigen Angriffen ihre Ausgangsposition für mögliche Friedensverhandlungen nach Trumps Amtsübernahme zu verbessern.

Anders als bei früheren Attacken auf Kiew gab es diesmal keine Vorwarnung: Luftalarm wurde erst nach mehreren Explosionen ausgelöst. Ukrainischen Angaben zufolge kamen bei der Attacke auf die Drei-Millionen-Metropole ballistische Raketen zum Einsatz. Die nahe dem Stadtzentrum gelegene U-Bahn-Station Lukjaniwska musste aufgrund von Angriffsschäden geschlossen werden - sie befindet sich unmittelbar neben einer Rüstungsfabrik, die bereits mehrfach Ziel russischer Raketenattacken war. 

Bilder in sozialen Netzwerken zeigten beschädigte Autos und Überschwemmungen aufgrund einer geplatzten Wasserleitung unmittelbar an der U-Bahn-Station. In manchen Vierteln fiel zumindest kurzfristig die Wasserversorgung aus. Gleich in mehreren Stadtteilen gingen Raketentrümmer nieder. 

Beim Angriff auf die Industriestadt Krywyj Rih im Gebiet Dnipropetrowsk hatte es gestern neben den vier Toten auch 14 Verletzte gegeben, wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft sagte. »Diese Angriffe und Verluste hätten verhindert werden können, wenn wir über die Luftabwehrsysteme verfügen würden, über die wir seit langem mit unseren Partnern diskutieren - Systeme, die es in der Welt bereits gibt«, sagte Selenskyj. 

Ukraine-Krieg - Russischer Raketenschlag auf Krywyj Rih
In der Großstadt Krywyj Rih starben ukrainischen Angaben zufolge durch russischen Beschuss vier Menschen. Foto: Staatlicher Zivilschutzdienst De/DPA
In der Großstadt Krywyj Rih starben ukrainischen Angaben zufolge durch russischen Beschuss vier Menschen.
Foto: Staatlicher Zivilschutzdienst De/DPA

Krywyj Rih ist die Geburtsstadt Selenskyjs. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor knapp drei Jahren haben die Invasoren die Stadt im Süden des Landes immer wieder beschossen. 

Ukrainer fürchten Kursänderung unter Trump

Die Ukraine wehrt sich seit Februar 2022 gegen Russlands Angriffskrieg und ist dabei auf westliche Militärhilfe angewiesen. In Kiew ist die Angst groß, dass Trump nach seiner Vereidigung am Montag die US-Militärhilfe drastisch zurückfahren und der Ukraine so eine Niederlage bescheren könnte. Der Republikaner hatte während des Wahlkampfs mehrfach behauptet, er könne den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden. Nach seinem Wahlsieg äußerte er sich zurückhaltender und erklärte, er hoffe, sechs Monate Zeit zur Beendigung des Kriegs zu haben.

Designierter US-Präsident Trump
Trump will den Krieg erklärtermaßen schnellstmöglich beenden. (Archivbild) Foto: Evan Vucci/DPA
Trump will den Krieg erklärtermaßen schnellstmöglich beenden. (Archivbild)
Foto: Evan Vucci/DPA

Unter der scheidenden Regierung von Joe Biden sind die USA der wichtigste Unterstützer und größte Waffenlieferant der Ukraine. Trumps Amtsübernahme könnte das ändern - sein Ansatz schien bislang darauf abzuzielen, die Konfliktparteien massiv unter Druck zu setzen, um Verhandlungen und einen schnellen Frieden zu erzwingen. 

Russland: Ukrainische Angriffe setzen Treibstofflager in Brand

Russland und die Ukraine überziehen sich gegenseitig immer wieder mit Angriffen aus der Luft. Kiew zielt dabei neben militärischen Einrichtungen auch verstärkt auf Treibstofflager, um die Logistik und den Nachschub des russischen Militärs zu schwächen.

In den russischen Regionen Tula und Kaluga gerieten russischen Angaben zufolge in der Nacht zu Samstag zwei Treibstofflager durch ukrainische Drohnenangriffe in Brand. In Tula sei ein Öltank eines Unternehmens getroffen worden, teilte Gouverneur Dmitry Miljaew auf Telegram mit. Es habe keine Verletzten gegeben. Die Löscharbeiten liefen. Insgesamt seien fünf Drohnen zerstört worden. Unabhängig ließen sich die Angaben nicht überprüfen.

Ukraine-Krieg - Region Charkiw
Ukrainische Drohnen sollen eine Treibstofflage in Russland in Brand gesetzt haben. (Archivbild) Foto: Ukrinform/DPA
Ukrainische Drohnen sollen eine Treibstofflage in Russland in Brand gesetzt haben. (Archivbild)
Foto: Ukrinform/DPA

Nur wenige Stunden zuvor hatte Russland gemeldet, in der Region Kaluga südwestlich von Moskau sei ein Tanklager durch einen ukrainischen Drohnenangriff in Brand geraten. Es habe einen Industriebetrieb in der Stadt Ljudinowo getroffen, teilte der Gouverneur der Region mit. Tote und Verletzte gebe es bisherigen Erkenntnissen zufolge nicht. Ljudinowo liegt etwa 350 Kilometer von Moskau entfernt.

Gasstreit: Selenskyj lobt slowakische Opposition

Vor dem Hintergrund des Gasstreits mit der slowakischen Regierung lobte Selenskyj die Opposition im westlichen Nachbarland. Er habe sich mit Oppositionsführer Michal Simecka getroffen und sei froh, dass er mit ihm in Fragen der Energiesicherheit einig sei, berichtete Selenskyj in seiner Videobotschaft.

Ukrainischer Präsident Selenskyj
Selenskyj fordert mehr westliche Waffen für sein Land. (Archivbild) Foto: Efrem Lukatsky/DPA
Selenskyj fordert mehr westliche Waffen für sein Land. (Archivbild)
Foto: Efrem Lukatsky/DPA

Zwischen Selenskyj und dem slowakischen Regierungschef Robert Fico war es zuletzt zu offenem Streit über die russischen Gaslieferungen gekommen, die bis Jahresende trotz des Moskauer Angriffskriegs weiter über das ukrainische Pipelinesystem nach Europa liefen. Doch Kiew verlängerte den auslaufenden Vertrag nicht - und zog sich mit dem lange vorher angekündigten Schritt den Unmut Ficos zu. Der Ministerpräsident, den Kritiker als linkspopulistischen Russlandfreund bezeichnen, kritisierte das Transitende scharf und drohte im Gegenzug mit einem Stopp der Stromlieferungen in die Ukraine.

Scholz hofft auf Kriegsende in diesem Jahr

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hofft, dass der Krieg in der Ukraine noch in diesem Jahr beendet werden kann. Es müssten jetzt alle Möglichkeiten ausgelotet werden, »wie das Töten aufhört und ein Frieden möglich wird«, sagte er bei einer SPD-Wahlkampfveranstaltung in Wolfsburg. »Ich wünsche mir, dass das dieses Jahr gelingt, ob das möglich ist, werden wir sehen.« Eine Friedenslösung dürfe aber nicht über die Köpfe der Ukrainer und Europäer hinweg beschlossen werden, betonte er - offensichtlich auch mit Blick auf die bevorstehende Vereidigung Trumps als US-Präsident. 

Kanzler Scholz.
Scholz hofft auf ein Kriegsende noch im Jahr 2025. Foto: Michael Matthey/DPA
Scholz hofft auf ein Kriegsende noch im Jahr 2025.
Foto: Michael Matthey/DPA

SPD-Chef Lars Klingbeil wurde in seiner Rede deutlicher. Er habe eine wichtige Botschaft an die neue US-Regierung: »Wir gucken nicht zu, falls ihr einen faulen Deal mit (Kremlchef) Wladimir Putin machen solltet. Es kann keine Entscheidung über die Köpfe der Ukrainer und Ukrainerinnen hinweg geben. Das ist sozialdemokratische Politik.«

Scholz bekräftigte, dass er die Bundestagswahl auch zu einer Abstimmung über die Finanzierung der weiteren Ukraine-Hilfe in Milliardenhöhe machen wolle. »Es sind einige dabei, das Volk hinter die Fichte zu führen«, sagte er. Sie erklärten nicht, wo das Geld herkommen soll. »Das, bitte, muss man vor der Wahl sagen, und darüber dürfen die Bürgerinnen und Bürger abstimmen.« 

Scholz will neuen Waffenlieferungen im Wert von drei Milliarden Euro nur zustimmen, wenn sie über das Aussetzen der Schuldenbremse finanziert werden. Union, FDP und Grüne befürworten eine »außerplanmäßige Ausgabe«.

© dpa-infocom, dpa:250118-930-348005/2