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Gorillaz liefern schlauen Soundtrack für »seltsame Zeiten«

»Seltsame Zeiten« sind das, in denen die Cartoon-Band Gorillaz ein neues Album mit hoher Promi-Dichte veröffentlicht. Mastermind Damon Albarn freut sich, dass aus einer kleinen Idee in den Corona-Monaten eine große Puzzle-Arbeit wurde.

Gorillaz
Mehr als nur ein Seitenprojekt von Damon Albarn: die Gorillaz. Foto: Anthony Anex/KEYSTONE/dpa
Mehr als nur ein Seitenprojekt von Damon Albarn: die Gorillaz. Foto: Anthony Anex/KEYSTONE/dpa

BERLIN. Es gibt in der Popmusik eine Menge Gags, die schnell schal werden. Die Gorillaz gehören nicht dazu.

Schon seit über 20 Jahren gibt es diese immens erfolgreiche virtuelle Band, die offiziell aus den vier Cartoon-Figuren 2D, Murdoc, Noodle und Russel besteht - de facto aber aus dem Musiker Damon Albarn (Blur, The Good The Bad & The Queen) und Comic-Zeichner Jamie Hewlett (»Tank Girl«). Das mit Promi-Gästen gespickte siebte Gorillaz-Album kommt nun als origineller, schlauer und dabei sehr kurzweiliger Soundtrack für diese »seltsamen Zeiten« daher.

»Strange Timez« heißen dementsprechend ein Untertitel und der Eröffnungssong dieses zwischen Soul-Balladen, Electro, Hip-Hop, Reggae, World-Pop und Indie-Rock elegant entlangtänzelnden Werks. Wie früher schon auf »Plastic Beach« (2010) und »Humanz« (2017) hat der Sänger und Multiinstrumentalist Albarn zahllose Hochkaräter auf insgesamt 17 kunterbunte Stücke verteilt: Robert Smith (The Cure) wehklagt wie von ihm gewohnt im Titelsong, es folgen Auftritte von Beck, Elton John, Peter Hook (New Order), St. Vincent, Fatoumata Diawara, Slowthai - um einige der bekanntesten Namen zu nennen.

Der vollständige Titel des Albums lautet »Song Machine: Season One - Strange Timez«, und es begann ergebnisoffen, wie Albarn (52) aus seiner Londoner Wohnung im Interview der Deutschen Presse-Agentur erzählt. »Zunächst hatten wir nur einen einzigen Song, doch es kam bis Juni wirklich jeden Monat ein neuer hinzu. Ein zusammenhängendes Album war überhaupt nicht geplant, aber dann entwarf mein Freund Stuart Lowbridge eine Reihenfolge, und wir hatten eine gute Platte.«

Albarn freut sich über den spontanen »Spirit« seines Projekts, das wie üblich von witzigen Hewlett-Cartoons und fantastischen Kurzfilmen begleitet wird: »Man startet mit etwas und weiß nicht, wie es enden wird.« Musik, die »wie ein Puzzle ohne Bildvorlage« entstehe, sei für ihn viel interessanter als konkrete Richtungsvorgaben.

Der Brite, seit den ersten Erfolgen mit der Band Blur vor gut 25 Jahren ein experimentierfreudiger Pop-Tausendsassa, gibt zu, dass ihm die coronabedingte Bastelarbeit an den meisten neuen Gorillaz-Tracks lag. Nur wenige Mitwirkende kamen vor dem Lockdown noch persönlich ins Studio. »Es war das erste Mal in meinem Leben, dass man das Regelbuch wegwerfen musste, um mit all diesen Restriktionen zurechtzukommen. Ich fühle mich nun unglaublich glücklich, und irgendwie ist es auch ein Wunder, dass ich mit den anderen Leuten dennoch so viel hinkriegen konnte in diesem Jahr.«

Dabei half Albarn seine Vernetzung in der globalen Pop-Szene. Hat er eigentlich ein riesengroßes Telefonnummernbuch, um all diese Kontakte anzubahnen? »Ach, ich arbeite ja praktisch gar nicht mit dem Telefon«, verrät er. »Aber ich schreibe anderen Leuten gern Briefe. Und ich bin dann auch nicht sauer, wenn mal einer Nein sagt.« Viele Stars sagten indes auch diesmal Ja.

Dass er mit den 1998 gestarteten Gorillaz so dauerhaft (und längst als Konzertmusiker in grandiosen Multimedia-Shows) unterwegs sein würde, überrascht auch Albarn. »Ich habe ja nicht einmal angenommen, dass ich selbst so lange im Musikgeschäft dabei bin, 32 Jahre jetzt«, sagt er lachend. »Also nein, gerade mit den Gorillaz hatte ich das nicht erwartet. Aber wir haben dann ziemlich schnell gemerkt, dass es mehr ist als nur ein Seitenprojekt.«

Langweilig wurde Albarn/Hewlett damit nie - zumal die Nachfrage anhielt und die Alben weltweit hohe Charts-Plätze erreichten. Daher will der Mastermind der Grammy-dekorierten Cartoon-Truppe möglichst bald auch wieder live unter dem Gorillaz-Banner auftreten. Und dann soll dem »Strange Timez«-Album irgendwann ein Nachfolger »Song Machine: Season Two« folgen. Am liebsten mit dem Untertitel »Better Timez« (bessere Zeiten), schlägt Albarn vor. (dpa)

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