STUTTGART. Heilig's Blechle war das ein Fußball-Abend! Der Stuttgarter Traum vom Sehnsuchtsort Olympiastadion ist nach zwölf Jahren wieder erfüllt. Nach dem 3:1 (1:0)-Erfolg im Pokal-Halbfinale und dem vermutlich wichtigsten Spiel der Saison gegen RB Leipzig steht fest: Der VfB fährt am 24. Mai nach Berlin. Und hat dort im Finale gegen Drittligist Arminia Bielefeld die große Chance nach 18 Jahren wieder eine Trophäe in den Himmel zu strecken.
Der letzte Titel, die deutsche Meisterschaft 2007, ist ein gutes Stichwort. Vielleicht fühlten sich einige in der mit 60.000 Zuschauern und damit im Heimbereich ausverkauften MHP-Arena gestern Abend um kurz vor 21 Uhr zurückversetzt in die Saison 2006/07. Als Thomas Hitzlsperger am letzten Spieltag gegen Energie Cottbus mit einer traumhaften Volleyabnahme nach einer Ecke das Tor zum Meistertitel ganz weit öffnete.
Große Spieler liefern in großen Momenten
Vielleicht schließt sich nach turbulenten mehr als eineinhalb Jahrzehnten beim Traditionsclub aus Bad Cannstatt nun der Kreis. Denn: Aus fast identischer Position traf Nationalspieler Angelo Stiller gegen Leipzig zur Führung (5. Minute). Auch nach einer Ecke, auch per Volley, auch kurz vor dem Strafraum. Nur der Fuß war dieses Mal ein anderer. Bei »Hitz« war es die gefürchtete linke Klebe, bei Stiller der Rechte - eigentlich sein schwächerer Fuß. Das macht den Treffer noch bemerkenswerter. Große Spieler liefern in großen Momenten.
Allerdings war es ein wahrer Kraftakt die Führung zu verteidigen. Nur dank eines überragend aufgelegten VfB-Keepers und zuletzt oftmals in der Kritik gestandenen Alexander Nübel hielt man das 1:0 zur Pause. Denn Leipzig hatte Chancen im Minutentakt. Große Spieler liefern in großen Momenten. Das sollte bei Nick Woltemade keine Überraschung mehr sein. Der Shooting-Star stellte nach einer traumhaften Kombination mit Sturm-Partner Ermedin Demirovic nach 57 Minuten lässig, durch die Beine des Verteidigers, auf 2:0.
Man musste Schlimmstes befürchten
Dass man dem VfB aktuell nicht immer trauen sollte, zeigte sich kurze Zeit später. Beim schmerzhaften 3:4 gegen Leverkusen Mitte März waren es jeweils einmal acht und einmal sechs Minuten, als aus einem komfortablen Zwei-Tore-Vorsprung schlagartig nur noch eine knappe Führung wurde. Gegen Leipzig dauerte es nun lediglich fünf Zeigerumdrehungen bis der Gegner wieder voll im Spiel war. Man musste Schlimmstes befürchten.
Doch es kam anders. Weil Woltemade nach 73 Minuten und einer Ecke den Stuttgarter Luftraum unsicher machte, den Ball an den Pfosten köpfte, Flügelspieler Jamie Leweling beim Abpraller goldrichtig am Fünf-Meter-Raum stand und zum 3:1 einschob. Ist es ausgleichende Gerechtigkeit nach den teilweise sehr unglücklichen letzten Spielen? Keine Frage war den VfB-Fans wohl egaler. Nach dem Schlusspfiff war sich die gesamte MHP-Arena einig und skandierte: »Wir hol'n den Pokal«. Die Chancen dafür standen sicherlich schonmal schlechter. (GEA)