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Eisschnellläufern droht Winter ohne Wettkampf

Noch schwerer als andere Wintersportler sind Athleten in den Eissportarten von der Corona-Pandemie gebeutelt. Aufgrund der hohen Infektionsgefahr in den Hallen droht sogar eine wettkampffreie Saison. Doch den Eisschnellläufern bleibt zumindest eine Hoffnung.

Patrick Beckert
Spult unverzagt sein tägliches Trainingsprogramm ab: Patrick Beckert. Foto: Peter Kneffel/dpa
Spult unverzagt sein tägliches Trainingsprogramm ab: Patrick Beckert. Foto: Peter Kneffel/dpa

BERLIN. Die WM in Peking als Olympia-Test abgesagt, keine Weltcups in diesem Jahr: Nun leben die deutschen Eisschnellläufer von der Hoffnung auf die »Blase« von Heerenveen.

»Die Zweifel und die Unruhe wurden immer größer. Endlich haben wir wieder einen Fixpunkt, auf den wir hinarbeiten können«, schilderte die erst am 24. September berufene neue Cheftrainerin Jenny Wolf der Deutschen Presse-Agentur ihre Gefühle.

Der Fixpunkt, das sind die Europameisterschaften am 16./17. Januar in Heerenveen mit zwei sich anschließenden Weltcups an den darauffolgenden Wochenenden an gleicher Stelle. Aufgrund der strikten Hygienebestimmungen - ein geforderter Drei-Wochen-Aufenthalt der Sportler mit dem Pendeln ausschließlich zwischen Hotel und Thialf-Arena - und weiter steigenden Infektionszahlen bestehen aber an der Austragung immer noch Zweifel. Die Gefahr eines wettkampflosen Winters scheint für die Eisschnellläufer nicht gebannt.

»Das Modell mit der Sicherheitsblase in Heerenveen finde ich gut. Aber es macht nur Sinn, wenn wir ganz sicher sein können, dass die Gesundheit der Athleten nicht gefährdet ist«, sagte die Sportbeauftragte der DESG, Nadine Seidenglanz. Nach Kündigung des bisherigen Sportdirektors Matthias Kulik hat sie dessen Aufgaben im sportlichen Bereich übernommen. »Wenn wir bei solchen Wettkämpfen positive Fälle hätten, dann käme der Eisschnelllauf nicht aus der Krise«, fürchtet sie.

Trotzdem ist bei den deutschen Topläufern von Verzweiflung nichts zu spüren. »Ich bin dankbar, dass ich ohne große Einschränkungen trainieren kann«, sagte der WM-Dritte Patrick Beckert, der zu den wenigen Hoffnungen der Deutschen auf eine Olympia-Medaille 2022 in Peking zählt. Gemeinsam mit Bruder Pedro spult der 30-Jährige täglich sein Programm in der Erfurter Eishalle ab. »Das einzige, was anders ist als sonst, dass ich nicht zu den Weltcups durch die Welt fliege«, sagt der Thüringer und nimmt die schwierige Situation gelassen. »Ich gehe immer positiv ran und akzeptiere, was ich nicht ändern kann.«

Noch weiß auch er nicht, ob die Rennen im Januar stattfinden. »Die Gesundheit steht über allem. Für mich ist wichtig, dass ich zum ursprünglichen Zeitpunkt der WM im Februar in Topform bin - dann weiß ich: Ich bin für Olympia auf richtigem Kurs.« Und er bekräftigte: »Ich habe keine Motivationsprobleme«. Nach Heerenveen würde er sogar mit dem Privat-Auto anreisen, um Infektionsgefahren zu meiden.

Anders sieht das Claudia Pechstein. »Das ist eine einzige Katastrophensaison. Wenn man trainiert, sich aber nicht mit den Besten der Welt messen darf, stößt die Eigenmotivation an zuvor nicht gekannte Grenzen«, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Aber sie habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass in dieser Krisensituation doch noch Wettkämpfe ausgetragen werden können.

Der Verband hofft, möglichst ohne weitere Corona-Zwischenfälle die Situation zu meistern, nachdem es zu Saisonbeginn zwei positive Tests gab. »Die positiven Fälle in Inzell waren erst mal ein Schock. Aber wir haben schnell reagiert und die Situation in den Griff bekommen«, sagte Nadine Seidenglanz und setzte hinzu: »Die gegenwärtige Situation ist eine große Herausforderung für uns alle.« Dank einer Sars-CoV-2-Taskforce sieht sich der Verband aber gewappnet.

Vor den noch im November und Dezember geplanten Lehrgängen werden Corona-Tests genommen, negative Ergebnisse sind Voraussetzung auch für den Start bei den Rennen Anfang Januar, bei denen sich das Team für die »Blase« herauskristallisieren soll.

Die fünfmalige Weltmeisterin Jenny Wolf deutete aber schon an, dass man mit einem großen Team nach Heerenveen reisen wolle und damit die Normzeiten der oft schwierigen Trainingssituation angepasst werden. »Die Holländer probieren alles, um Wettkämpfe stattfinden zu lassen, aber für Athleten aus den USA, Kanada und Asien wird es aufgrund der Ausreisebestimmungen ganz schwierig, daran teilzunehmen«, räumte Nadine Seidenglanz ein. (dpa)