PFORZHEIM. »Wenn man in Pforzheim etwas holen will, muss jeder Spieler bei 100 Prozent sein - das war heute nicht der Fall«, stellte SSV-Trainer Maik Stingel am Samstag gegen 16 Uhr zerknirscht fest. »Man hat nicht gesehen, dass wir am Mittwoch nicht gespielt haben, während Pforzheim 90 Minuten in den Beinen hatte. Das hat mich mächtig geärgert«, sagte Sportvorstand Christian Grießer.
Die Verantwortlichen des Fußball-Oberligisten SSV Reutlingen waren nach der 1:4 (1:2)-Niederlage beim 1. CfR Pforzheim tief enttäuscht; die Spieler schlichen mit gesenkten Köpfen vom Platz. Jedem Hoch folgt schnell ein Tief. Nachdem die Stingel-Schützlinge mit zwei Niederlagen in die Saison gestartet waren, gab es zuletzt zwei überzeugende Siege. Und nun den nächsten Rückschlag. Zugegeben: Pforzheim stellt das wohl spielstärkste Team im baden-württembergischen Oberhaus und verfügt vor allem in der Offensive über extrem große Klasse. Dennoch muss einmal mehr festgestellt werden, dass sich die Mannen um Kapitän Denis Lübke viel zu leicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Die Mannschaft hat nach wie vor große Defizite in puncto Kompaktheit, Staffelung der Mannschaftsteile und Zweikampfführung.
Vier Ehemalige im Einsatz
»Wir hatten zu Beginn schwere Beine von unserem Mittwochspiel in Oberachern«, berichtete Tim Schwaiger, einer von vier Ex-Reutlingern, die sich am Samstag die Pforzheimer Siegprämie abholen durften. »Wie wir nach dem 0:1-Rückstand zurückgekommen sind, war stark.« Zum Mann des Tages avancierte der dreifache Torschütze Willie Sauerborn, der von 2019 bis 2021 für den SSV auflief. Auch Francis Ubabuike und Yannick Sagert haben eine Vergangenheit beim Kreuzeiche-Club.
Die Reutlinger kamen vor 555 Zuschauern in der Kramski-Arena gut aus den Startlöchern. Nach einer Kombination über Mattia Trianni und Roman Kasiar versuchte es Riccardo Gorgoglione (6. Minute) mit einer Direktabnahme. Der Ball flog knapp am Gehäuse vorbei. In der zehnten Minute hätte der in der Jugend für Pforzheim spielende Trianni nach einem Patzer von Maurizio Macorig den SSV in Führung bringen müssen, drosch jedoch den Ball aus sechs Metern über das Tor.
Bestnote für Keeper Piu
Nun rückte Keeper Enrico Piu, der sich beim SSV die Bestnote verdiente, in den Blickpunkt. Der 24-Jährige war bei Schüssen von Marcel Bahm (13.), dem demnächst für sein Heimatland Mosambik in der Qualifikation zum Afrika-Cup auflaufenden Stanley Ratifo (17.) und Sauerborn (20.) zur Stelle. In der 29. Minute schließlich gingen die Reutlinger in Führung. Nach einem Zuspiel von Tom Schiffel wurde Gorgoglione im Strafraum von Torhüter Elvin Kovac von den Beinen geholt. Gorgoglione verwandelte den Elfmeter bombensicher.
Die Reutlinger hatten kaum ausgejubelt, da kassierten sie den Ausgleichstreffer. Sauerborn (31.) war erfolgreich. Der Pforzheimer Angreifer drehte nun mächtig auf. In der 45. Minute markierte er das 2:1 und 27 Sekunden nach Wiederanpfiff per Kopfball das 3:1. Vor dem zweiten Tor der Goldstädter war Reutlingens Abwehrmann Stefan Ilic am Trikot festgehalten worden. Pech für den SSV, dass Schiedsrichter Lukas Heim diese Aktion nicht ahndete.
Alexander Freygang strahlt
Konstantinos Markopoulos (48.) hätte das vierte Tor für den 1. CfR nachlegen können, scheiterte jedoch am glänzend parierenden Piu. Danach zog der SSV ein gefälliges Spiel auf, hatte Feldvorteile, allerdings keine klaren Möglichkeiten. Die in der Defensive durchaus anfälligen Pforzheimer agierten nun aufmerksam und durften in der 89. Minute noch das 4:1 durch Salvatore Catanzano feiern. »Unsere Reaktion nach dem 0:1-Rückstand war unglaublich. Großes Kompliment an mein Team«, strahlte Pforzheims Coach Alexander Freygang über beide Backen. Die Reutlinger Spieler und Verantwortlichen dagegen schlichen mit gesenkten Köpfen vom Platz. (GEA)