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Wie verhindere ich fremden Müll in meiner Biotonne?

Ein Viertel der Reutlinger Haushalte hat bei den ersten TBR-Biomüllkontrollen gelbe Karten bekommen: wegen Fremdstoffen. Schlösser können bald Abhilfe schaffen.

Erste »gelbe Karten« am Biomüll: Die TBR wollen mit ihrer Kampagne auf verschärfte Anforderungen an die Reinheit biologischer Ab
Erste »gelbe Karten« am Biomüll: Die TBR wollen mit ihrer Kampagne auf verschärfte Anforderungen an die Reinheit biologischer Abfälle vorbereiten. Warum blieben jüngst trotz gewissenhafter Mülltrennung ein paar Tonnen ungeleert. Foto: Claudia Reicherter
Erste »gelbe Karten« am Biomüll: Die TBR wollen mit ihrer Kampagne auf verschärfte Anforderungen an die Reinheit biologischer Abfälle vorbereiten. Warum blieben jüngst trotz gewissenhafter Mülltrennung ein paar Tonnen ungeleert.
Foto: Claudia Reicherter

REUTLINGEN. Dass sie ab Mai Strafe zahlen sollen, wenn im Biomüll Metall, Glas, Kunststoff und andere Abfälle gefunden werden, die dort nicht reingehören, finden manche Reutlinger ungerecht. Schließlich könne jeder Passant ein Bonbon-Papierle, eine Windel oder Zigarettenkippe in die Tonne mit dem braunen Deckel werfen, lautet ein Argument. Von Nachbarn ganz zu schweigen, die etwa die dann definitiv nicht mehr erlaubten Plastiktüten einfach ein Haus weiter zwischen korrekt in Papiertüten oder Zeitungspapier verpackten Salatblättern, Teebeuteln, Kartoffelschalen und Hühnerknochen entsorgen. Insbesondere Bewohner von Mehrfamilienhäusern fürcht die im Dezember von den Technischen Betriebsdiensten Reutlingen (TBR) angekündigten Biomüll-Kontrollen, die nun Verbraucher drei Monate lang in zwei Stufen auf den neuen Paragrafen der Bioabfallverordnung vorbereiten sollen.

Die aus Umweltschutzgründen verschärften Vorgaben treten am 1. Mai in Kraft. Die TBR haben schon jetzt ihre Müllfahrzeugflotte teils mit KI-basierten Kameras ausgestattet, die »Fehlwürfe« zunehmend exakt erkennen und den Schüttvorgang daraufhin stoppen. Falsch befüllte Tonnen bleiben dann ungeleert stehen. Das städtische Entsorgungsunternehmen hofft dabei - wie bei der Kehrwoche - auf »soziale Kontrolle«. Umweltbewusste Bewohner größerer Wohnanlagen meinen jedoch, sie hätten schlechte Karten und zahlten drauf, wenn Nachbarn unwissend oder gedankenlos sind. Wie können sie sich schützen?

Tonnen besser erst kurzfristig rausstellen

 Durch abschließbare Biomülltonnen, sagt TBR-Chef Dirk Kurzschenkel. Die TBR seien dabei, verschiedene Modelle zu testen. Die sollen ab April den Kunden angeboten werden. Ein Schloss samt Montage würde den Verbraucher einmalig 35 bis 40 Euro kosten. Sowohl die TBR als auch die Besitzer - beziehungsweise in Mehrfamilienhäusern jeder berechtigte Nutzer - bekommen dafür dann jeweils einen Schlüssel.

Die Biomüllflotte der TBR ist mit spezieller Licht-Bild-Technik zum Erkennen von nicht-organischen Stoffen ausgerüstet.
Die Biomüllflotte der TBR ist mit spezieller Licht-Bild-Technik zum Erkennen von nicht-organischen Stoffen ausgerüstet. Foto: Frank Pieth
Die Biomüllflotte der TBR ist mit spezieller Licht-Bild-Technik zum Erkennen von nicht-organischen Stoffen ausgerüstet.
Foto: Frank Pieth

Bis es soweit ist, rät der TBR-Betriebsleiter: Die Tonnen nicht zu früh rausstellen. Je länger eine Mülltonne an der Straße steht, desto mehr reize sie Unbefugte etwas reinzuwerfen. Laut Satzung dürfen die Tonnen ohnehin erst ab 18 Uhr am Vortag der Leerung auf den Gehwegen oder am Straßenrand abgestellt werden.

Erste Runde des Probebetriebs ist durch

Seit 2. Januar läuft der Probebetrieb. Jetzt ist die erste Runde abgeschlossen: TBR-Mitarbeiter haben alle 22.000 Biomülltonnen in der Kernstadt einmal inspiziert und - zumindest theoretisch - geleert. Theoretisch, da frostbedingt in mancher Bio-Tonne feuchter Abfall hängengeblieben war. Dazu später mehr.

Rund ein Viertel der Tonnen wurde in Runde eins beanstandet und mit einer »gelben Karte« versehen. Darauf steht »leider falsch befüllt«, es gibt Erklärungen dazu, was das künftig für Konsequenzen hat, und einen Hinweis auf weitere Infos in unterschiedlichen Sprachen im Internet. 

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Für Kurzschenkel ist das ein gutes Ergebnis. Er geht davon aus, dass die »Fehlwürfe« mit jeder weiteren Leerungsrunde zurückgehen. Denn die Menschen scheinen bemüht, alles richtig zu machen. Darauf lassen Rückmeldungen schließen, die schon seit der Vorstellung der KI-und-Kamera-Prüfungen bei den TBR eingingen. Die seien zu 99 Prozent positiv. »Sinnvoll« und »nachvollziehbar« fänden die Kunden das Vorgehen der Entsorgungsfirma. Wer nun eine gelbe Karte erhielt, frage vielfach nach: »Woran lag das?« und »Wie können wir es besser machen«?

Frost verhinderte zum Teil die Leerung

Warum blieben manche Tonnen schon jetzt ungeleert stehen, wo doch erst in der zweiten Phase ab April rote Karten hinzukommen? »Im Winter kann es vorkommen, dass Abfallbehälter nicht entleert werden können, weil der Bio- beziehungsweise Restmüll in der Tonne einfriert«, erklärte die Müllabfuhr per E-Mail am Samstag einer Mittelstädter GEA-Leserin, deren braune Tonne den digitalen Tourdaten zufolge um 6.58 Uhr früh »eingehängt« wurde - aber danach noch voll war. Da der Frost laut Gesetzgeber zur »höheren Gewalt« gehört, »besteht kein Anspruch auf kostenfreie Ersatzmaßnahmen«.

Ist feuchter Biomüll in Zeitungspapier oder Papiertüten eingewickelt, bleiben Küchenabfälle und Co. auch bei Minustemperaturen seltener zurück, erklärt Dirk Kurzschenkel. Auch diesbezüglich helfe es, die Tonne erst kurz vor der Leerung raus- und möglichst windgeschützt zu stellen.

So geht es weiter

In Phase zwei der TBR-Kampagne erhalten falsch befüllte Bio-Tonnen hell- und dunkelrote Karten mit entsprechenden Hinweisen. Sind Tonnen nicht tadellos befüllt, werden sie gezielt nicht mehr geleert. Tabu sind auch sogenannte »kompostierbare« Plastiktüten, denn die lassen sich nicht vollständig biologisch abbauen. Eine Sonderabfuhr zu beantragen kostet 60 Euro für kleine Tonnen und 80 Euro für große.

Erst ab 1. Mai werden Verstöße mittels Bußgeld geahndet. In Bezug auf Fremdbefüllungen der eigenen Tonne rät Kurzschenkel, das zunächst im Blick zu behalten. Probleme bei gemeinschaftlich genutzten Tonnen wollen die TBR mit den Hausverwaltungen klären. Erfahrungsgemäß seien die Befürchtungen jedoch stets größer als die Zahl der tatsächlichen Fälle, sagt der TBR-Betriebsleiter. Seine Empfehlung: erstmal abwarten. (GEA)