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Was Stadt und Polizei in Reutlingen gegen Autoposer unternehmen

Sie machen Krach und wollen auffallen: Meist sind es junge Männer, die mit ihren Autos Gleichgesinnten oder Frauen imponieren wollen. Sowohl Autoposer als auch Tuner sind in Reutlingen unterwegs. Was Stadt und Polizei dagegen unternehmen.

Polizeibeamte kontrollieren ein Auto.
Polizeibeamte kontrollieren ein Auto. Foto: Uwe Anspach/dpa/dpa
Polizeibeamte kontrollieren ein Auto.
Foto: Uwe Anspach/dpa/dpa

REUTLINGEN. Kaum ist der Frühling da, lassen Autoposer wieder die Reifen quietschen, drehen beim Anfahren die Drehzahl hoch und donnern mit knatterndem Auspuff durch die Straßen und Gassen Reutlingens. »Es gibt sogar Filme, die dieses Verhalten glorifizieren. Eine Stadt wird zur Kulisse für Leute, die besonders waghalsig mit ihren Fahrzeugen herumkurven«, sagt Albert Keppler, Ordnungsamtsleiter der Stadt Reutlingen und bezieht sich damit auf den Blockbuster »Fast and Furious«.

Das kann mitunter ziemlich gefährlich werden. Keppler erinnert sich beispielsweise an ein Zweirad: »Das war so vertunt, dass wir es einziehen mussten. Denn es bestand keine Möglichkeit, es wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen«. Der krasseste Fall von Raserei? In Ohmenhausen, wo Tempo 30 zulässig ist, fuhr ein Autofahrer mit 161 Stundenkilometern. »Einige Jahre konnten wir dort einen Blitzer nicht betreiben, weil sich die Straße gesetzt hatte.« Der Raser ging davon aus, dass der Blitzer immer noch nicht auslöst, wie jahrelang zuvor. Doch das war ein Irrtum, er wurde geblitzt.

Beliebte Treffpunkte der Szene in Reutlingen sind bekannt

Es ist kein Geheimnis, dass es bestimmte Orte im Stadtgebiet gibt, die von Autoposern und -tunern angesteuert werden, um sich dort mit Gleichgesinnten zu treffen. Ein beliebter Treffpunkt ist der Parkplatz von Burger King in der Föhrstraße und der Bösmannsäcker-Parkplatz. Ebenfalls populär: der Parkplatz auf dem Scheibengipfel (siehe Artikel oben). »Um dort hinzukommen, müssen Autoposer durchs Königsträßle fahren, wodurch die Idylle des Wohngebiets gestört wird. Sie fahren nämlich mit unnötigen Geräuschen und überhöhter Geschwindigkeit da hoch«, so Keppler. Bereits erfolgte bauliche Einschränkungen wie Verengungen der Straße oder versetzte Parkplätze hätten immerhin »zu einer Senkung des Geschwindigkeitsniveaus geführt«.

Andere Mittel hätten bislang nur beschränkt Wirkung gezeigt. Etwa Blitzer auf den Anfahrtswegen. »Sobald die Tempokontrolle eingerichtet ist, machen die das in ihrem Netzwerk publik«, beschreibt der Ordnungsamtsleiter den Fluch von Internet und sozialen Netzwerken.

Blitzer haben nicht viel gebracht

Auch die B 28 zwischen Reutlingen und Metzingen ist eine frequentierte Straße für Poser und Tuner. Die Anhänger der Szene »benutzen die Strecke, um aufzudrehen«, bestätigt Keppler. Noch bis vor vier Jahren durfte man dort mit unbeschränkter Geschwindigkeit fahren. Im Jahr 2021 wurde ein Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde angeordnet. Dagegen hatte die Initiative »Verkehrsfluss statt Tempolimit – Freie Fahrt fürs Ländle« erfolglos geklagt.

Eine weitere Überlegung war es, auf der Strecke mobile Blitzer aufzustellen, doch das habe sich schwer umsetzen lassen. »Es ist schwierig, weil wir, um eine Messstelle einzurichten, die Straße überqueren müssen. Auf so einer Strecke, auf der mit 120 Stundenkilometern gefahren wird, ist es gefährlich, zwei Spuren zu überqueren und alles einzurichten.« Deshalb seien jetzt zwei stationäre Blitzer geplant.

Kontrollen am »Car-Freitag«

Die sollen auf beiden Seiten der B 28 auf Höhe der Sondelfinger Teckstraße installiert werden. Zwar bestehe eine Lärmschutzwand, dennoch reiche sie aufgrund der besonders lauten Fahrzeuge nicht aus, berichtet Keppler. Der Tuning- und Posingverkehr mache den Anwohnern sehr zu schaffen. Das soll sich mit den neuen Blitzern ändern.

Auch die Polizei hat die Autoposer- und Tuning-Szene im Blick. Sie überwacht beispielsweise die An- und Abreisen von Fahrzeugen zu Treffpunkten und Events wie dem sogenannten »Car-Freitag«, teilt Gerhard Jaudas, Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen, auf GEA-Anfrage mit. Der Car-Freitag, der traditionell der Saison-Auftakt für Tuning-Begeisterte ist, findet immer am Karfreitag statt. Vergangenes Jahr kontrollierte die Polizei im Rahmen dieses Tages nach eigenen Angaben 130 Fahrzeuge und 145 Anhänger der Szene. Dabei stellten die Beamten 29 Verstöße wegen technischer Veränderungen fest, welche zur Anzeige gebracht wurden.

Schwerpunkte der Kontrollen, die oftmals von Spezialisten der Verkehrspolizei durchgeführt werden, sind außer der technischen Überprüfung auch die Geschwindigkeitsüberwachung. »Im Rahmen von Kontrollen werden neben der Beschaffenheit von Fahrzeugen insbesondere auch die Fahrtüchtigkeit der Fahrer geprüft«, teilt Jaudas mit. (GEA)

Welche Strafen drohen Autoposern?

»Belästigungen durch unnötigen Lärm ist im Bußgeldkatalog mit 80 Euro aufgeführt, ebenso die Verursachung vermeidbarer Abgasbelästigungen. Eine Belästigung durch sogenanntes unnützes Hin- und Herfahren innerhalb geschlossener Ortschaft kann mit 100 Euro geahndet werden«, sagt Polizeisprecher Jaudas. Ein Entzug der Fahrerlaubnis sei nur als Nebenstrafe möglich, also beispielsweise bei einer Verurteilung wegen einer Straßenverkehrsgefährdung. Das sei jedoch bei bloßem Gebrauch eines getunten Fahrzeugs nicht erfüllt. Die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs, dessen Betriebserlaubnis zum Beispiel durch bauliche Veränderungen erloschen ist, kann mit bis zu 90 Euro geahndet werden. Ein Regelfahrverbot ist auch hier nicht vorgesehen. (ifi)

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