Logo
Aktuell Mobilitäts

Wann stellt Berlin das Stadtbahn-Signal auf Grün?

Die Region Neckar-Alb hat (noch) nicht, was andere Landstriche in Baden-Württemberg haben – eine (Regional-) Stadtbahn. Sie soll einmal nicht nur durch die Großstadt Reutlingen fahren, um die Leute vom Auto weg und auf die Schiene zu bringen. Sie muss möglichst viele Kommunen im ganzen Kreisgebiet anbinden und damit im öffentlichen Personennahverkehr die Verbindung in die Metropolregion Stuttgart und die umliegenden Landkreise ermöglichen

Fahrgäste steigen in eine Stadtbahn TW 3000 der Hannoverschen Verkehrsbetriebe »üstra« ein. Solche schmucken Schienenfahrzeuge s
Fahrgäste steigen in eine Stadtbahn TW 3000 der Hannoverschen Verkehrsbetriebe »üstra« ein. Solche schmucken Schienenfahrzeuge sollen auch bald in der Region Neckar-Alb unterwegs sein und dem öffentlichen Personennahverkehr damit einen kräftigen Schub geben. FOTO: DPA
Fahrgäste steigen in eine Stadtbahn TW 3000 der Hannoverschen Verkehrsbetriebe »üstra« ein. Solche schmucken Schienenfahrzeuge sollen auch bald in der Region Neckar-Alb unterwegs sein und dem öffentlichen Personennahverkehr damit einen kräftigen Schub geben. FOTO: DPA

REUTLINGEN. Die Sache ist eigentlich spruchreif. »Unser Finanzierungsantrag für die Regionalstadtbahn Neckar-Alb wurde von den zuständigen baden-württembergischen Landesbehörden einer intensiven Überprüfung unterzogen, die im Juli 2018 abgeschlossen und dem Bund übermittelt wurde«, umreißt Hans-Jürgen Stede, Chef des Dezernats für nachhaltige Entwicklung beim Landkreis Reutlingen den Status quo.

Man habe im Dezember vergangenen Jahres in Berlin schon einmal nachgehakt, wie denn die Dinge stünden, und hoffe jetzt, dass »wir im ersten Halbjahr 2019 eine Antwort bekommen.« Fällt die positiv aus, so bedeutete dies, dass der Bund das Signal auf Grün stellt, was den Bau der Regionalstadtbahn in mehreren Schritten und aufgeteilt in etliche Module anbelangt.

Dieses Vorhaben für einen umfassenden öffentlichen Personennahverkehr auf der Schiene in der Region Neckar-Alb ist für die beteiligten sechs Partner – die Landkreise Reutlingen, Tübingen und Zollernalb, die Städte Reutlingen und Tübingen sowie für den Regionalverband Neckar-Alb – alles andere als ein Pappenstiel: Es ist fast ein Milliardenprojekt, wenn die derzeit gültigen Hochrechnungen auch noch in einigen Jahren Gültigkeit haben.

»Der Kreis Reutlingen hat seine Hausaufgaben gemacht«

Geht’s nach Stede und dem Nahverkehrsteam des Kreises Reutlingen, so könnte es eigentlich eher heute als morgen losgehen. »Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, das Land Baden-Württemberg hat unseren Förderantrag en détail geprüft und ihn nach Berlin übermittelt.«

Entscheidend dabei ist, dass dieses Schienenprojekt im Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz des Bundes möglichst weit vorne steht, sein Bedarf für das öffentliche Wohl und eine zukunftstaugliche Verkehrspolitik als vordringlich eingestuft wird – das ist geschehen. Stellt Berlin das Signal im ersten Halbjahr 2019 auf Grün, kann es losgehen – mit dem Modul eins. Dieses sieht als zentralen Baustein für die künftige Regionalstadtbahn die Elektrifizierung von Erms-talbahn und Ammertalbahn vor, nebst zwei neuen Haltestellen. Läuft alles nach Plan, so soll dieses Modul 1 im Jahr 2022 in Betrieb gehen können. Die dafür notwendigen Investitionen belaufen sich auf ungefähr 110 Millionen Euro.

Mehr Verkehr auf die Schiene: So soll das Netz der miteinander verbundenen Schienenstränge in der Region einmal aussehen. Nur we
Mehr Verkehr auf die Schiene: So soll das Netz der miteinander verbundenen Schienenstränge in der Region einmal aussehen. Nur wenn Verkehrstakte, Komfort und Pünktlichkeit stimmen, wird es gelingen, den Individualverkehr mit dem Auto einzudämmen. GRAFIK: STADT Foto: Gea
Mehr Verkehr auf die Schiene: So soll das Netz der miteinander verbundenen Schienenstränge in der Region einmal aussehen. Nur wenn Verkehrstakte, Komfort und Pünktlichkeit stimmen, wird es gelingen, den Individualverkehr mit dem Auto einzudämmen. GRAFIK: STADT
Foto: Gea

Der bisherige finanzielle Planungsaufwand wurde vom Kreis Reutlingen gestemmt, der in den vergangenen zehn Jahren beim Projekt Regionalstadtbahn auch die Leitungsfunktion innehatte, wie Stede betont. Doch mit den weiteren Planungen, die sich über Jahre erstrecken werden, stößt das Team des Reutlinger Landratsamts an seine Grenzen.

Nicht von ungefähr. »Es handelt sich bei der Regionalstadtbahn schließlich um ein Riesenprojekt der Daseinsvorsorge«, sagt Gabriele Queisser, Leiterin des Amts für nachhaltige Entwicklung beim Landkreis.

Um die Regionalstadtbahn möglichst bald ins Fahren zu bringen, wurde bereits bei den Haushaltsberatungen des Landkreises Reutlingen im Dezember 2018 von den Kreisräten beschlossen, mit seiner Gründung einem Zweckverband Regionalstadtbahn Neckar-Alb beizutreten. Auch die anderen fünf beteiligten Partner schlossen sich dieser Vorgehensweise an.

»Die Regionalstadtbahn ist ein Riesenprojekt der Daseinsvorsorge«

Die Zweckverbandsgründung erfolgte Mitte Februar; Reutlingens Landrat Thomas Reumann wurde bei der konstituierenden Sitzung zum Vorsitzenden des Zweckverbands gewählt, als nebenberuflicher Geschäftsführer fungiert der Direktor des Regionalverbands Neckar-Alb, Dirk Seidemann, ein wie Reumann damals sagte »ausgewiesener Fachmann in Sachen Schiene«. Letztere braucht’s auch, um das Mammutprojekt Regionalstadtbahn zügig voranzubringen. Insgesamt soll das Planungsteam des Zweckverbands mit Sitz in Mössingen sechs Fachleute umfassen.

Für das Modul 1, das wie gesagt, an erster Stelle die Elektrifizierung von Ammertalbahn und Ermstalbahn umfasst, haben der Landkreis und die Anrainergemeinden an den beiden Bahnstrecken die notwendigen Verträge mit der Erms-Neckar-Bahn (ENAG) abgeschlossen. Dabei geht es um Ausschreibung von Arbeiten, um Ausführungsplanungen, aber auch um Grunderwerb. Die Kosten dafür betragen rund vier Millionen Euro, am Landkreis Reutlingen bleiben davon ungefähr 1,7 Millionen Euro hängen.      Die Kosten für den Bau des ersten Moduls der Regionalstadtbahn Neckar-Alb, welche Kreis und Kommunen zu tragen haben, belaufen sich auf netto 7,7 Millionen Euro – der Anteil des Kreises Reutlingen beläuft sich dabei auf 3,3 Millionen Euro.

Intensive Verhandlungen mit dem baden-württembergischen Verkehrsministerium haben für den Landkreis Reutlingen zu einem sehr erfreulichen Ergebnis geführt: Das Land will den Verkehr auf der Ermstalbahn finanzieren, wie es das Zielkonzept für den Schienenpersonennahverkehr in Baden-Württemberg bis zum Jahre 2025 vorsieht.

Konkret: Stuttgart hat in Aussicht gestellt, 27 Fahrtenpaare an Werktagen sowie 17 Fahrtenpaare an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen von Dezember 2022 bis Dezember 2024 zu 75 Prozent zu finanzieren und von Dezember 2024 an diese Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs auf der Schiene zu hundert Prozent zu übernehmen.

Alle anderen zusätzlichen Fahrten muss der Landkreis Reutlingen finanzieren. Der will dies tun und ergänzend zum Landesstandard an Werktagen sieben zusätzliche Fahrtenpaare ermöglichen, an Samstagen sollen zwei Fahrtenpaare hinzukommen.

Ausgemachte Sache ist auch schon, zu welchen Zeiten die Züge auf der Ermstalbahn von Dezember 2022 an unterwegs sein werden: An Werktagen wird es einen Stundentakt zwischen 5 und 23 Uhr geben. Der Anreiz für Fahrgäste, den Schienenweg zu benutzen, wird noch dadurch beträchtlich erhöht, dass werktags zwischen 6 und 20 Uhr ein Halbstundentakt eingerichtet wird. Abgerundet wird der Fahrplan samstags durch einen Stundentakt von 5.20 bis gegen 23 Uhr, an Sonn- und Feiertagen gilt der Stundentakt von 7.20 bis etwa 23 Uhr. Einen Termin haben sich Hans-Jürgen Stede und das Nahverkehrsteam des Landkreises heute schon dick im Kalender angestrichen: den 11. Dezember 2022. Denn da beginnt in der Region Neckar-Alb für den ÖPNV auf der Schiene ein neues Zeitalter. (GEA) 

thema mobilität im gea

thema mobilität im gea

Folgende Themen sind im GEA bis zur Mobilitätsmesse in der Reutlinger Stadthalle bis Ende März noch geplant: Dienstag, 22. März: Brennstoffzelle und alternative Antriebsformen Freitag, 29. März: Reutlinger Mobilitätstage und Fahrradmesse Bike & more