REUTLINGEN. Sollten Impfschwänzer bestraft werden? Über diese Frage wird derzeit in der Politik heiß diskutiert. »Eine Geldstrafe zu nutzen, wäre ein wichtiges Signal«, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Damit mache man deutlich, dass Impfstoff weggeschmissen werden müsse, wenn Menschen Impftermine einfach ausfallen lassen. Der Chef des Berliner Roten Kreuzes, Mario Czaja, wurde bereits konkreter: »Wer etwa seinen Termin für die Zweitimpfung in einem der Impfzentren ohne Absage verstreichen lässt, sollte mit einer Strafzahlung von 25 bis 30 Euro belegt werden.«
Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, ist andere Meinung: »Mit Geldbußen wird keine Akzeptanz gefördert. Solidarisches Verhalten kann man zudem nicht mit Strafen erzwingen.«
»Strafgelder sind in Ordnung, aber wer bekommt das Geld?«
»Ich finde eine kleine Strafe angemessen, als eine Art Denkzettel«, sagt Else, die zum Kaffeetrinken von Bad Urach nach Reutlingen gekommen ist. Ihr Mann Günther sieht das ähnlich: »Eine Bestrafung ist richtig, vor allem im Sinne der Allgemeinheit.« Das Ehepaar stellt sich zugleich jedoch die Frage, wer das Geld am Ende bekommt. »Soziale Einrichtungen«, schlägt Else spontan vor.
Sigrid betont: »Die Leute müssen die Termine absagen. Man kann nicht einfach tun und lassen worauf man gerade Lust hat. Wenn sie das nicht tun, dann ist es absolut richtig, dass diese Leute auch bestraft werden.«
Jochen denkt bereits einen Schritt weiter: »Wenn die Leute keinen triftigen Grund haben, dann müssen sie für den Preis der möglichweise verfallenden Impfdosen aufkommen. Das müsste aber klar kommuniziert werden.«
Angst spielt oftmals eine große Rolle
Eine junge Mutter, die anonym bleiben möchte, sieht die Impfschwänzer-Debatte hingegen anders: »Vielleicht hatten einige Leute mit heftigen Impfreaktionen zu kämpfen und haben jetzt große Angst vor der Zweitimpfung.« Frank hat Verständnis für beide Seiten: »Man sollte nicht alle Impfschwänzer verurteilen, weil das vielschichtige Gründe haben kann. Die Angst spielt eine große Rolle, aber es kann sich ja auch etwas an der persönlichen Situation geändert haben.« Er findet, dass man in dieser schwierigen Zeit generell niemanden verurteilen dürfe, egal ob Impfbefürworter oder Impfgegner.
Ein Reutlinger, der seinen Namen nicht preisgeben möchte, sagt: »Es sollte keine Strafen geben. Diese Leute sollten einfach benachrichtigt werden, dass sie den Termin versäumt haben.«
Die 20-jährige Julia hält Strafen grundsätzlich für angemessen, weil der Termin schließlich Kosten verursache, fügt jedoch hinzu: »Vielleicht vergessen es manche Leute auch einfach.« (GEA)