REUTLINGEN. Was für eine Resonanz! Nach Veröffentlichung der jüngsten Foto-Fahndung wurde der GEA von Leserzuschriften nachgerade geflutet. Wobei sich fast alle Hinweise auf jenes Fußball-Bild bezogen, das eine Spielszene mit dem einstigen SSV-Vertragsspieler Lothar »Lotze« Grziwok zeigt. Nach ihm hatte das Stadtarchiv explizit gefragt – und wurde ebenso wie die Lokalredaktion prompt bedient.
Diesmal waren es freilich nicht nur Hinweise zum Motiv, sondern teils hoch emotionale Geschichten und viele wissenswerte Details zu Grziwok, die in die Mailboxen flatterten. So teilt eine Foto-Detektivin mit, dass der Torjäger von 1954 bis 1959 für den SSV Reutlingen 05 achtzig Spiele in der Oberliga Süd – damals die höchste deutsche Spielklasse – bestritten und dabei 35 Treffer erzielt hat. Eine andere Leserin lässt wissen, dass »Lotze« zuvor bei den Stuttgarter Kickers und beim FC Bayern München unter Vertrag gestanden hat.
Und ein Leser verrät: »Ich habe ihn oft spielen gesehen über die Jahre. So bei vielen Spielen des SSV – zuerst auf dem alten SSV-Hartplatz im Ringelbach, danach auf dem Rasen-Platz der TSG Reutlingen und schließlich Mitte der Fünfziger-Jahre im Kreuzeiche-Stadion.« Und weiter: »Nie vergessen werde ich, wie der SSV Reutlingen mit seinem gefährlichen Mittelstürmer als Aufsteiger in der Saison 1954/55 für Furore sorgte, zeitweise gar Tabellenführer war, und am Saisonende als Vize-Meister der Oberliga Süd zwei Qualifikationsspiele für die Endrunde der besten acht Mannschaften Deutschlands bestreiten durfte.«
In beiden Quali-Derbys – Austragungsorte waren Sodingen und Worms – unterlagen die Reutlinger allerdings ihren Gegnern. Warum? Weil der SSV nach Verletzung seiner beiden Torhüter Schober und Klein keinen gelernten Schlussmann ins Gehäuse stellen konnte, sondern sich stattdessen mit Feldspielern behelfen musste.
Lebhaft auch die Erinnerung des GEA-Lesers an ein Turnier im Neckarstadion gegen den mehrfachen Deutschen Meister VfB Stuttgart, bei dem der »krasse Außenseiter« Reutlingen – nicht zuletzt dank Lothar Grziwok – als grandioser Sieger vom Feld ging. Mit 6:1 hatten die SSV-Spieler den haushohen Favoriten vor heimischer Kulisse düpiert. Was Balsam für die Fußballer-Seele gewesen sein dürfte. Umso mehr, als der VfB die Reutlinger in seinem Stadionheft übelst geschmäht hatte. »Heute«, stand da zu lesen, »sind die Bauern von der Schwäbischen Alb im Neckarstadion zu Gast, die Holzer vom SSV Reutlingen ...«
Voilà – damit ist das Rätsel um den »unbekannten Spieler im dunklen Trikot« definitiv gelöst. Mehr noch: Von den sechs zur Fahndung ausgeschriebenen Lichtbildern konnten insgesamt vier identifiziert werden. Der Anonymität entronnen sind: Lothar »Lotze« Grziwok, die Betzinger Rosenstraße 7, die Gemeinde Aßmannshardt bei Biberach (Luftbild) und der vermeintliche Bunker an einer Gleisanlage, bei dem es sich in Wirklichkeit um eine Fernsprechbude handelt. Sie ermöglichte es einst Lokführern oder Rangierern, telefonischen Kontakt mit Fahrdienstleitung und Stellwerk aufzunehmen. (GEA)
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BITTE MELDEN
Wer meint, den Aufnahmeort beziehungsweise Bildinhalt der abgedruckten Fotomotive zu erkennen, ist gebeten, sich per Mail ans Stadtarchiv zu wenden. Und zwar bitte direkt. Der Weg über den GEA, der mitunter von Lesern eingeschlagen wird, ist ein Umweg, der zu Verzögerungen führt. stadtarchiv@reutlingen.de