REUTLINGEN. Die Gartenstraße soll von heute an Reutlingens zentrale Busachse sein. Viertel vor Vier ist davon jedoch noch nichts zu sehen. Die Straße ist menschenleer, statt Bussen sind nur ein Lüfter am Kino-Gebäude, das leise Nieseln des Regens und das Knirschen der Sandkörner auf dem frischverlegten Boden der Bushaltestelle zu hören. Eine leichte Brise weht den Duft von frisch gebackenem Brot von der Wilhelmstraße herüber.
13 verschiedene Linien stoppen an der Planie in der Gartenstraße. Der erste Bus an Werktagen ist die Linie zwei um 4.48. Das Ziel: Pfullingen. Um 4.44 startet der Bus am Zentralen Omnibusbahnhof. Früher als jeder andere Bus in Reutlingen. Noch zwei Minuten steht auf der hell erleuchteten digitalen Anzeige. Noch eine, null, dann verschwindet der Bus vom Display. Erster Bus, erste Verspätung. Hat der Fahrer etwa verschlafen?
Nein, hat er nicht. Am Ende der Gartenstraße sind wenig später zwei große Scheinwerfer zu sehen, die von der Karlstraße aus um die Ecke leuchten. Plötzlich erscheint der Bus auch wieder auf der Anzeige. Um 4.52 ist er schließlich da. Vier Miuten zu spät, obwohl zuvor nur zwei Haltestellen, Hauptbahnhof/Gartenstraße und Gartentor angefahren wurden.
Der vordere Teil des Busses ist schon voll besetzt. Eine Gruppe von SPD-Politikern, darunter der Landtagsabgeordnete Ramazan Selçuk, wollen sehen, wie das neue Stadtbuskonzept startet. An der Stadtmitte sei der Bus noch pünktlich gewesen, sagt einer aus der Gruppe. Allerdings habe sich jeder ein Ticket kaufen müssen. Das kann schon dauern.
Ansonsten ist in Reutlingens frühestem Bus nur ein weiterer Passagier zu sehen. Während sich die Gruppe der SPD fröhlich scherzend unterhält, hat der junge Mann Kopfhörer in den Ohren und lehnt am Fenster. Erst als der Bus in Pfullingen Ahlsberg kehrt macht um wieder nach Reutlingen zu fahren, steigen weitere Fahrgäste zu.
Einer davon ist Mucina Arben. Seine Kleidung lässt vermuten, dass er auf dem Weg zu einer Baustelle ist. Er wirkt ausgeschlafen und fidel, geholfen hat dabei auch der Kaffee, den er in einem Becher mitgebracht hat. Der junge Mann aus Albanien arbeitet im Abbruchgeschäft, reißt Häuser ab. Dafür muss er nach Eningen, bis vor kurzem hat er da gewohnt, dann ist er nach Pfullingen umgezogen und fährt heute zum ersten Mal mit dem Bus zur Arbeit. An der Albstraße verlässt er den Bus und steigt in die Linie eins um.
Auch Angela Dido ist auf dem Weg zur Arbeit. Sie muss immer so früh aufstehen und ist mittlerweile daran gewöhnt. Um nach Rommelsbach zu kommen, muss sie einmal umsteigen. Ob diese Verbindung durch den Start des neuen Stadtbuskonzepts besser geworden ist, weiß sie nicht. »Man wird sehen«.
Als der Bus mit acht Minuten Verspätung wieder die Bushaltestelle an der Planie erreicht, sind etwa 10 Passagiere an Bord. Auch draußen ist jetzt schon mehr Betrieb. Innerhalb weniger Minuten biegen immerhin zwei Busse in die Gartenstraße ein. Ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt. In Spitzenzeiten sollen hier im Zweiminutentakt die Busse in beiden Richtungen vorbeifahren. (GEA)
