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Reutlinger Galeria Kaufhof: Wie alles begann

Eine Ausstellung im Rathaus befasst sich mit den Vorgängern der Galeria Kaufhof.

»Merkur« von oben: Die Aufnahme wurde wohl vom 1958 eingeweihten Hochhaus in der Karlstraße aus aufgenommen. Zu sehen ist dieses
»Merkur« von oben: Die Aufnahme wurde wohl vom 1958 eingeweihten Hochhaus in der Karlstraße aus aufgenommen. Zu sehen ist dieses Bild, mit vielen anderen, derzeit im Rathaus. Foto: Dohm
»Merkur« von oben: Die Aufnahme wurde wohl vom 1958 eingeweihten Hochhaus in der Karlstraße aus aufgenommen. Zu sehen ist dieses Bild, mit vielen anderen, derzeit im Rathaus.
Foto: Dohm

REUTLINGEN. Das Stadtarchiv zeigt derzeit in den Wandvitrinen vor seinen Diensträumen im Rathaus-Erdgeschoss die Geschichte des Warenhauses am Reutlinger Listplatz.

Nicht einmal halb so groß wie die heutige »Galeria Kaufhof« war der »Merkur« von 1952. In weniger als einem halben Jahr zwischen Einreichung des Baugesuchs und Eröffnung am 20. November war dieses Kaufhaus-Projekt realisiert worden: Vor rund 70 Jahren öffnete beim Listplatz ein strahlender, viergeschossiger und für die damaligen Reutlinger Verhältnisse ausgesprochen großflächiger Konsumtempel seine Pforten. In den nachfolgenden, von fast beständigem Wirtschaftswachstum geprägten Jahrzehnten, besaß er für lange Zeit eine geradezu magische Anziehungskraft auf die Käuferscharen. Dabei hat sich dieser »Merkur« selbst mächtig ausgedehnt und gewandelt.

Von Kaufhaus Merkur bis Horten

In dem Quartier zwischen Garten-, Karl- und Kaiserstraße hatten bis zu den Kriegszerstörungen 1945 Wohn- und Fabrikgebäude, aber auch die große Gastwirtschaft »Löwen« und eine »Benzintankstelle« gestanden. Als ab Juni 1974 der nun sogenannte »Horten« schließlich seine Waren feilbot, waren vor allem eine hölzerne Notkirche (ab 1948) an der Kaiser- sowie das Kino »Scala« (ab 1957) an der Gartenstraße von dem neuen klotzigen und fensterlosen Großbau mit Rasterfassade gleichsam »geschluckt« worden. Doch der gewaltige Konzentrationsprozess auf dem deutschen Kaufhäuser-Markt und ein sich grundlegend veränderndes Kaufverhalten beendeten rund 50 Jahre später auch die Erfolgsgeschichte des einstigen Waren-Riesen mit den zahllosen silbernen Horten-Kacheln an seiner »Außenhaut«. Im März 2023 machte der kriselnde Konzern »Galeria Karstadt Kaufstadt GmbH« das »Aus« unter anderem für den Standort Reutlingen auf Jahresanfang 2024 publik.

Aus Anlass dieser Zäsur zeigt das Stadtarchiv die kleine Wandvitrinen-Ausstellung: Zeitgenössische Fotografien wie beispielsweise Baustellenbilder vom Herbst 1952 dokumentieren den Aufgang des »Merkur« und sein Zunehmen zur »Horten«-Größe von 1974. Baupläne-Signaturen und amtliche Korrespondenz zeigen die Mit-Urheberschaft für das Reutlinger Gebäude von Architektur-Koryphäen wie etwa einem Egon Eiermann (»Ich frage mich zuerst, ob etwas richtig und dann, ob etwas schön ist.«) oder einem Helmut Rhode (»Bescheidenheit ist nicht Armseligkeit, sondern Größe.«). Gemeinderatsprotokolle von 1952 beleuchten schließlich das kommunalpolitische Beben, das durch das Kaufhausprojekt in der Achalmstadt der Nachkriegszeit ausgelöst worden war: Der »Verband der Einzelhändler« hatte »größten Wert darauf gelegt, dass dem Plan der Firma Merkur A.G. nicht stattgegeben wird.« Aus heutiger Sicht war keinem der damaligen Wirtschaftskontrahenten ein wirklich umfassender und nachhaltiger Erfolg beschieden. Was das »Reutlinger Cityhaus«, wie es 1974 in der damaligen Werbesprache bezeichnet wurde, anlangt, steht die Stadt 2024 wieder einmal vor einem Neuanfang. (GEA)