REUTLINGEN. Wer am Donnerstagabend das dritte Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft bei der WM in Katar gegen Costa Rica verfolgte, musste Nerven wie Drahtseile haben. Die fast vierhundert Fußballfans, die im extra errichteten Festzelt des Restaurants Billi Bob’s in der Stadtmitte das »Endspiel« unseres Teams verfolgten, erlebten ein Wechselbad der Gefühle, das mit blankem Entsetzen endete.
Die Lage war klar: Wir müssen gewinnen, um ins Achtelfinale zu kommen. Dabei hatte ja alles so gut angefangen, mit dem frühen Führungstreffer, den die U-30-Zuschauer-Community frenetisch bejubelte. Im beheizten überdimensionalen Fernsehraum kochten dann aber die Emotionen. Eine Berg-und-Tal-Fahrt der Gefühle. Denn das Spiel wurde zur Mathe-Doppelstunde mit Thrillereffekt. Man war ständig mit Zahlenspielen beschäftigt und mit Getränke-Nachschub ordern. Die Lage wurde klarer, als Japan in Führung ging. Nun galt es acht Tore zu schießen, wie dereinst bei der WM 2002 gegen Saudi-Arabien. Machbar. Aber eben nur theoretisch.
Smartphone statt Leinwand
In den Schlussminuten blickte ein Großteil der Besucher nicht mehr auf die überdimensionale Leinwand, sondern auf die Iphones und verfolgte die Parallelbegegnung zwischen Japan und Spanien. Das war’s dann. Noch während der Verlängerung leerte sich das Zelt. Der kalte Nieselregen spiegelte die innere Stimmung der Fans wider und wusch die ins Gesicht geschminkten Deutschland-Flaggen weg, die wie Tränentropfen von den Wangen rieselten. Nächste Möglichkeit für einen Autokorso dann halt in zwei Jahren. (GEA)