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Mitte der 30er-Jahre soll das neue Bosch-Areal in Reutlingen fertig sein

Die Reutlinger Gemeinderäte waren am Donnerstagabend in seltener Harmonie und voller Lob. Sie beschlossen einstimmig, dass die Kooperation zwischen Bosch und der Stadt in die nächste Runde gehen kann. Was das bedeutet.

Schauen gespannt auf das Modell des Bosch-Areals (von links): Baubürgermeisterin Angela Weiskopf, OB Thomas Keck und Alexander Lenk., Präsident für Anlagen, Bauten und Infrastruktur bei der Robert Bosch GmbH. Foto: Dieter Reisner
Schauen gespannt auf das Modell des Bosch-Areals (von links): Baubürgermeisterin Angela Weiskopf, OB Thomas Keck und Alexander Lenk., Präsident für Anlagen, Bauten und Infrastruktur bei der Robert Bosch GmbH.
Foto: Dieter Reisner

REUTLINGEN. So eine Einigkeit herrscht selten im Reutlinger Gemeinderat. Von »großer Freude« und »zukunftsweisenden Impulsen« war am Donnerstagabend fraktionsübergreifend die Rede. Außerdem von einem »Mehrwert für Reutlingen« und einer »Absicherung der Stadt für die Zukunft«. Oder wie es Oberbürgermeister Thomas Keck mit seiner unverwechselbaren Art auf den Punkt brachte: Von einer »historischen Kiste«. Von den Linken bis zur AfD: Ohne Gegenstimme beschlossen die Gemeinderäte aller Fraktionen, dass die Weiterentwicklung des Bosch-Areals rund um die Tübinger Straße und die Bantlinstraße in die nächste Phase gehen kann.

Im Juli hatten die Robert Bosch GmbH und die Reutlinger Verwaltungsspitze erstmals öffentlich gemacht, dass sie dieses Gebiet gemeinsam weiterentwickeln wollen. Erste Gespräche dazu hatte es schon 2019 gegeben, kurz nach dem Sieg von Keck bei der OB-Wahl. Dass von diesem Projekt, an dem neben Bosch-Vertretern auch Gemeinderäte beteiligt waren, tatsächlich bis zum Frühsommer 2022 nichts an die Öffentlichkeit durchsickerte – das habe ihn ziemlich überrascht, gab Keck gestern mit einem Augenzwinkern zu.

Ausstellung im Rathaus-Foyer

»Die Stadt hat zugelassen, dass sich Bosch Gedanken außenrum macht, und Bosch hat zugelassen, dass die Stadt reinfummeln kann.« So brachte Alexander Lenk, Präsident für Anlagen, Bauten und Infrastruktur bei der Robert Bosch GmbH, die Einzigartigkeit dieses Projekts auf den Punkt. Eine Stadt und eine Firma entwickeln gemeinsam ein Areal weiter. Eine solche Kooperation suche sogar »deutschlandweit ihresgleichen«, war sich OB Keck schon im Juli sicher gewesen.

Lenk eröffnete gestern gemeinsam mit dem Stadtoberhaupt eine Ausstellung im Foyer des Reutlinger Rathauses, in der ein Modell des umgestaltenden Areals zu sehen ist. Außerdem hängen die Entwürfe aller vier am Wettbewerb beteiligten Planungsbüros aus. Die Weiterentwicklung des Areals wird sich nun zum größten Teil am Konzept der AIG Planungs- und Ingenieursgesellschaft aus Stuttgart orientieren. Das sieht eine Renaturierung der Echaz vor. Diese soll über das aktuell abgeriegelte Bosch-Gelände für Bürger zugänglich gemacht werden. Außerdem soll die Tübinger Straße zum »Shared Space« für alle Verkehrsarten werden.

Der Masterplan sieht vor, dass die Echaz im Bereich des Bosch-Firmengeländes renaturiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Foto: Bosch
Der Masterplan sieht vor, dass die Echaz im Bereich des Bosch-Firmengeländes renaturiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.
Foto: Bosch

Doch auch die besten Elemente aus den Planungen der anderen Büros werden in die Umgestaltung einfließen. So sieht ein anderes Büro beispielsweise die Bantlinstraße als »Stadt-Boulevard«. Vielleicht könne die irgendwann ja sogar mal zweispurig werden? Diese Frage warf zumindest Stadtplaner Stefan Dvorak gestern in den Raum, als er die verschiedenen Entwürfe präsentierte. Bei der Reduzierung des Durchgangverkehrs helfen könne da ja beispielsweise der »Mobilitäts-Hub«, den ein weiteres Büro am Hohbuch-Knoten sieht. Ein Verkehrsknotenpunkt sozusagen, der Autopendlern den Umstieg auf andere Verkehrsmittel erleichtern soll. Eine »Zukunftsvision«, die zwar »schwer vorstellbar« sei, ihr aber gefalle, äußerte Grünen-Stadträtin Gabriele Janz. FWV-Mann Jürgen Fuchs sieht’s anders: »Ich glaube, wir müssen mit der Trennlinie Bantlinstraße leben und dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass die mal zweispurig wird.«

Apropos Bantlinstraße: Die soll eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer bekommen, findet das vierte beteiligte Büro. Eine Idee, die man prüfen werde, ist das Fazit der Stadt. Aber das sei natürlich wieder eine Trennung der Mobilitätsarten, gab Stadtplaner Dvorak zu bedenken. »Wir sollten lieber schauen, dass wir ein Miteinander des Verkehrs bekommen.«

Es folgen die Gutachten

Wie es nun weitergeht? Die Robert Bosch GmbH und Reutlingen wollen einen »Städtebaulichen Grundvertrag« abschließen. Erforderliche Gutachten kosten eine Menge Geld – deshalb will man sich zuvor auf die grundsätzlichen Ziele des Projekts verständigen und diese festhalten. Dann werden Gutachten zum Verkehr und zum Hochwasserschutz in Auftrag gegeben und ein Bebauungsplan wird erstellt, bei dem auch die Öffentlichkeit beteiligt werden muss.

Zeithorizont? Mitte der 2030er-Jahre wolle man komplett fertig sein, so Bosch-Mann Lenk. Das passe dann auch zu Reutlingens Plänen bezüglich Bundesgartenschau. Doch schon jetzt tue sich einiges auf dem Bosch-Areal, »die Kurve geht steil nach oben«. In drei Jahren, so schätzt Lenk, wird der neue Gebäudeteil der Halbleiter-Fertigung stehen. (GEA)