REUTLINGEN. Forscher der Hochschule Reutlingen haben offenbar einen Durchbruch in der Entwicklung von kultiviertem Fleisch erzielt. In ihrer aktuellen Veröffentlichung in der Fachzeitschrift »Nature Communications« präsentieren sie ein neuartiges Verfahren zur Züchtung von kultiviertem Fett, das essenziell für den Geschmack, die Textur und das Mundgefühl von Fleischprodukten ist.
Diese Technologie sei ein entscheidender Fortschritt für die biotechnologische Herstellung von kultiviertem Fleisch und biete eine neue, nachhaltige Alternative zur herkömmlichen Fleischproduktion.
Professor Dr. Petra Kluger und ihr Forschungsteam hätten einen Weg gefunden, sogenannte Sphäroide aus Rinder-Fettvorläuferzellen in statischer und dynamischer Weise zu kultivieren.
Diese Sphäroide – kugelförmige Aggregate aus tausenden Zellen – werden erfolgreich zu Fettzellen gereift. Besonders bemerkenswert sei, dass die Zellen ohne den Einsatz von Antibiotika kultiviert werden. Dies reduziere die Belastung durch Schadstoffe und erhöhe die Sicherheit des Endprodukts. Auch bei der Weiterverarbeitung mittels 3-D-Bioprinting in essbare Materialien, bleiben die Zellen demnach stabil und lebensfähig. »Kultiviertes Fett ist ein entscheidender Bestandteil für die Entwicklung von Fleischersatzprodukten, die den Geschmack und die Textur von echtem Fleisch nachahmen«, erklärt Kluger. Insbesondere bei Rindfleisch sei die richtige Fettzusammensetzung entscheidend für die Akzeptanz durch den Verbraucher. Die Wissenschaftler konnten in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim die Fettsäurezusammensetzung in den Sphäroiden bestimmen und große Ähnlichkeiten zu klassisch gewonnenem Rinderfettgewebe nachweisen. Zukünftig seien auch gezielte Anpassungen an gesundheitliche oder geschmackliche Anforderungen denkbar.
Gut für Umwelt und Tiere
Das Verfahren der antibiotikafreien dynamischen Kultur und Reifung der Sphäroide sowie deren Verarbeitung durch 3-D-Druckverfahren, zeige großes Potenzial für die Skalierung und industrielle Produktion von kultiviertem Fleisch. Dadurch könne die Zellproduktion im großen Maßstab effizient gestaltet werden, was einen wichtigen Schritt hin zur Massenproduktion darstelle.
Das Projekt wurde von der Avina Stiftung und der gemeinnützigen Organisation New Harvest gefördert. Die Technologie könnte laut Hochschule den steigenden Bedarf des globalen Fleischmarkts revolutionieren, indem sie den Ressourcenverbrauch reduziert, die Umweltbelastung verringert und das Tierleid minimiert. (eg)