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Hitze-Check: So schneiden Reutlingen und Tübingen ab

Im Sommer heizen sich Städte schnell auf. Wo viel asphaltiert ist, wird es unerträglich heiß. Hohe Bäume und Grünflächen können helfen. Doch gibt es davon in Reutlingen und Tübingen genug?

Auch ein Teil der Schnurbäume im Bürgerpark – zu erkennen am lichteren, helleren Laub – leidet unter der Hitze, die an diesem Standort besonders groß ist. Foto: Frank Pieth
Auch ein Teil der Schnurbäume im Bürgerpark – zu erkennen am lichteren, helleren Laub – leidet unter der Hitze, die an diesem Standort besonders groß ist.
Foto: Frank Pieth

STUTTGART/REUTLINGEN. Mehrere Städte im Südwesten schützen Bewohner nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) nicht gut vor sommerlicher Hitze. Hier gibt es einer Untersuchung zufolge zu wenig Bäume und Hecken und zu viel versiegelte Fläche. Die Städte entwickelten sich dadurch zu »Hitze-Höllen«, kritisiert die Lobbyorganisation mit Blick auf ihre bundesweite Untersuchung. »Der anhaltende Trend zu mehr Beton und weniger Grün ist alarmierend«, hieß es. 

Am schlechtesten im Südwest-Ranking der Organisation schneidet Heilbronn ab. Es folgen die Städte Ludwigsburg, Mannheim, Rastatt, Waiblingen und Esslingen am Neckar. Diese Kommunen bekamen von der DUH die Alarmfarbe Rot. Heilbronn liegt zudem in der bundesweiten Übersicht direkt hinter Schlusslicht Ludwigshafen am Rhein auf Platz zwei. 

Städte wie Sindelfingen oder Böblingen zwar stark versiegelt, haben aber viel Grünvolumen. Solche Städte erhalten eine Gelbe Karte. Im Mittelfeld der Landesübersicht finden sich Städte wie Reutlingen, Göppingen und Ulm, die in der Gesamtbewertung ebenfalls gelb erhalten haben. Zugleich verteilte die Umwelthilfe aber auch drei grüne Karten an Tübingen, Baden-Baden und Schwäbisch Gmünd. Das sind laut Untersuchung Städte mit vergleichsweise wenig Versiegelung und viel kühlendem Grün. »Das ist übrigens Ergebnis einer über Jahrzehnte durchgehaltenen strikten Regel der Stadtpolitik: Keine Bebauung auf Grünflachen«,schreibt Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer zum Abschneiden im DUH-Ranking auf Facebook. 

Für ihren sogenannten Hitze-Check ließ die Umwelthilfe Satellitendaten auswerten und verglich Flächenversiegelung und Grünausstattung von 190 Städten in Deutschland mit mehr als 50.000 Einwohnern. In Reutlingen liegt der Anteil der Versieglung mit undurchlässigen Materialien dauerhaft bedeckter Boden wie Gebäuden und Straßen an der gesamten Siedlungs- und Verkehrsfläche demnach bei 48,23 Prozent und damit im gelben Bereich. Zum Vergleich: Beim Schlusslicht Heilbronn liegt der Anteil der Versiegelung bei 54,34 Prozent, im grün bewerteten Tübingen bei 42,48.

Zweites Kriterium des Hitze-Checks ist das Grünvolumen: »Die Grünvolumenzahl ist ein Maß für das Vorhandensein dreidimensionaler Vegetationskörper (Bäume, Blühstreifen) auf einer Flächeneinheit«, erklärt die DUH. Reutlingen kommt hierbei auf einen Wert von 3,09 Kubikmetern Grün pro Quadratmeter Fläche und landet damit im gelben Bereich. Im grünen Tübingen liegt der Wert bei 4,91, bei Schlusslicht Heilbronn bei nur 1,96.

Südwest-Städtetag gegen verbindliche Grünanteile 

Angesichts des Klimawandels seien Grünflächen und unversiegelte Böden, wo Wasser versickern könne, besonders wichtig, betonte die Umwelthilfe. Noch effektiver als Rasenflächen seien aber Bäume, Büsche und Wiesen. Besonders große Bäume hätten einen kühlenden Effekt. Die Organisation fordert die Bundesregierung auf, bundesweite Standards für die Begrünung zum Beispiel von Schulhöfen vorzuschreiben.

Die Städte seien herausgefordert, sich an den Klimawandel anzupassen, reagierte die Vize-Hauptgeschäftsführerin des Städtetags Baden-Württemberg, Susanne Nusser. Die Kommunen bräuchten dazu einen passenden Rechtsrahmen sowie finanzielle und fachliche Unterstützung vom Land und vom Bund. Auch Bürgerinnen und Bürger müssten mitziehen. 

»Bundesweit einheitliche Standards etwa für die Begrünung von Schulhöfen oder verbindliche Grünanteile in den Kommunen, wie sie die DUH etwa vorschlägt, sind dabei aus unserer Sicht nicht zielführend«, sagte Nusser auf Anfrage.

Regierung erarbeitet Strategie

Bauministerin Klara Geywitz hat gerade erst eine Strategie zum Schutz vor Hitze vorgelegt. Darin werden ebenfalls mehr Parks, Straßenbäume und grüne Dächer empfohlen. Damit Pflanzen in längeren Trockenperioden nicht vertrockneten, müssten Flächen geschaffen werden, wo Regen versickern könne. »Wer frisches Geld aus unseren Förderprogrammen will, muss Klimaanpassung mitdenken und nachweisen«, hatte Geywitz zudem erklärt. Gefördert werde zum Beispiel, dass Flüsse von Beton befreit sowie betonierte Plätze aufgegraben und begrünt werden.

Der Sozialverband Deutschland wertete das als wichtigen ersten Schritt. Besonders ältere Menschen, Kinder und Menschen mit Behinderungen sowie Bewohner von schlecht isolierten Wohnungen müssten besser geschützt werden. Hier müssten Bund, Länder und Kommunen nun an einem Strang ziehen. (dpa/GEA)

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