REUTLINGEN. Die Partei Klimaliste hat bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg 0,9 Prozent der Stimmen erhalten, das entspricht etwa 43.000 Wählerstimmen. Gleichzeitig hat ein Bündnis aus SPD und Grünen die Mehrheit im Landtag um nur einen Sitz verfehlt. »Wir hätten mit einigen Stimmen mehr die Möglichkeit gehabt, ein grün-rotes Bündnis zu machen, damit hätte es mehr Klimaschutz gegeben, als es jetzt möglicherweise geben wird«, sagte der aus Bad Urach stammende Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir im Podcast der Süddeutschen Zeitung. Nun werde immer »ein Partner dabei sein, der mit Klimaschutz eher so ein bisschen auf Kriegsfuß steht«. Özdemir bilanziert: »Eine Stimme für die sogenannte Klimapartei war eine Stimme gegen Klimaschutz. Das hat am Wahlabend jeder kapiert.« Der GEA hat über diesen Vorwurf, der seit der Wahl in Sozialen Netzwerken kursiert, mit Paul Sigloch, dem Reutlinger Landtagskandidaten der Klimaliste gesprochen. Der 35-Jährige wohnt in Reutlingen und arbeitet als Landschaftsplaner beim Regierungspräsidium Tübingen.
Hat die Klimaliste grün-rot verhindert?
»Das halte ich für großen Unsinn«, sagt Sigloch. Als sich die Klimaliste im Dezember 2020 dazu entschloss, bei der Wahl anzutreten, habe man niemals damit gerechnet, dass sich der politische Wind so drehe, dass grün-rot überhaupt möglich wird. Außerdem wäre grün-rot ja auch mit einem stärkeren SPD-Ergebnis möglich gewesen, sagt Sigloch. Das werfe den Sozialdemokraten aber auch keiner vor. Er findet: »Dieser Vorwurf ist Wahlkampfgetöse, das kann jetzt doch mal aufhören.« Die Klimaliste habe mit ihrem Wahlkampf den Klimaschutz zu einem der stärksten Themen im Wahlkampf gemacht, bilanziert der 35-Jährige. »Davon haben auf jeden Fall auch die Grünen profitiert.«
Warum sind die Grünen für Sie keine Alternative?
»Ich war elf Jahre lang Mitglied bei den Grünen«, sagt Sigloch. Aus der Partei ausgetreten sei er, weil der Klimaschutz nicht konsequent und mit höchster Priorität verfolgt worden sei. »Fakt ist, dass die Klimaliste fast nur von Leuten gewählt wurde, die wie ich den Grünen den Rücken gekehrt haben«, sagt Sigloch. »Höchstens 0,3 Prozent der Wähler hätten vielleicht auch Grün gewählt. Der Rest wäre zu den Linken, zu Volt, oder auch zu Die Partei.« Er selbst bleibt erstmal Mitglied der Klimaliste. Wenn sich die Grünen in puncto Klimaschutz aber verändern, kann er sich mittelfristig durchaus eine Rückkehr zu seiner alten Partei vorstellen. »Ich habe noch eine hohe programmatische Übereinstimmung.«
Sind Sie zufrieden mit dem Wahlergebnis?
»Das ist ein Wahlergebnis, mit dem man leben kann«, sagt der 35-Jährige. »Aber ich hätte schon mit 2 oder 2,5 Prozent gerechnet.« Das wäre ein Zeichen an die Grünen gewesen und hätte diese unter Druck gesetzt, wieder konsequenter den Klimaschutz zu verfolgen, sagt er. »Ich rechne nun mit einer grün-schwarzen Koalition, Kretschmann kennt die CDU, da weiß er, auf was er sich einlässt.« Eine Wunsch-Koalition nennt er nicht. »Die Grünen haben mit ihrem guten Wahlergebnis eine starke Position. Entweder CDU oder FDP muss die Kröte Klimaschutz schlucken.« (GEA)