REUTLINGEN. Die Arbeitsmarktstatistik bildet deutlich die Konsequenzen des Shutdown ab. Seit April sind noch einmal 973 Menschen mehr arbeitslos, was für den Mai einen Anstieg um 41,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. 11.704 Frauen und Männer waren somit zuletzt bei der Reutlinger Arbeitsagentur und den Jobcentern der Landkreise Reutlingen und Tübingen arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote stieg auf vier Prozent. Bei den Jugendlichen war ebenfalls eine Zunahme der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Hier lag die Quote bei 3,5 Prozent.
Verschiedene Faktoren
Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Reutlingen, Wilhelm Schreyeck, erläutert: »Der erneute Anstieg der Arbeitslosigkeit setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen. Zum einen mussten wir, wie erwartet, einen hohen Zugang in Arbeitslosigkeit mit großem Anteil aus den Wirtschaftsbereichen Handel, Gastgewerbe und Arbeitnehmerüberlassung registrieren. Gleichzeitig gelang es unseren Kunden weniger häufig, eine Beschäftigung neu aufzunehmen. Wir hatten hier ein Minus von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Zum anderen aber konnten viele bereits arbeitslose Menschen geplante Bildungsmaßnahmen, die eine Arbeitslosigkeit beendet hätten, aufgrund von Corona-Verordnungen nicht antreten. Wir hoffen, dass Lockerungen hier eine Entlastung bringen.« Schreyeck ergänzt: »Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist hoch. In der Finanzkrise 2008/2009 war das Niveau jedoch noch etwas höher. Damals lag im Mai 2009 die Arbeitslosenquote bei 4,6 Prozent und erreichte im August 2009 mit 5,3 Prozent ihren Höhepunkt.«
Seit Beginn der Corona-Krise wurden nun, nachdem Anzeigen von März und April zwischenzeitlich geprüft und gesichert sind, insgesamt 4.810 Anzeigen auf Kurzarbeit und 82.047 maximal betroffene Arbeitnehmer erfasst. Im Mai wurden weitere 396 Anzeigen auf Kurzarbeit gestellt. Die darin genannte maximal betroffene Personenzahl beträgt 4.996. Hier gilt: Die Fallzahlen der betroffenen Beschäftigten bilden einen maximal möglichen Kurzarbeitsrahmen ab. Sie sagen jedoch nichts über die tatsächliche Inanspruchnahme von Kurzarbeit aus. In einigen Wirtschaftsbereichen wurde Kurzarbeit bereits wieder beendet oder eine Verlängerung von Kurzarbeit angezeigt.
Zaghaft aufwärts geht es bei den offenen Arbeitsstellen, die örtliche Betriebe und Verwaltungen dem Arbeitgeber-Service meldeten. Neu hinzu kamen im Mai 519 Jobangebote. Das ist zwar im Vergleich zum Vorjahreswert immer noch sehr wenig (minus 49,7 Prozent), seit April bedeutet dies aber ein Plus von 59,2 Prozent. Der Arbeitsvermittlung standen im Mai insgesamt 2.210 Stellen zur Verfügung.
Pläne perdu
Kein Schulbesuch und eingeschränkte Kontakte zu Gleichaltrigen in Zeiten der Corona-Krise war das Los vieler Jugendlicher auch im Mai. Viele hatten schon Pläne für die Zeit nach dem Schulabschluss geschmiedet. Die letzten Wochen haben jedoch so manches Vorhaben in Luft aufgelöst. Wilhelm Schreyeck hat für Betroffene einen Tipp parat: »Unsere Berufsberatung informiert schnell, unkompliziert und ganz individuell. Sie ist telefonisch erreichbar.« Und zwar montags bis donnerstags von 13 bis 16 Uhr unter der Nummer 07121 309800.
Der nächste Ausbildungsbeginn steht bald an. Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt aus Sicht der Arbeitsagentur stellt sich dabei wie folgt dar: Seit Oktober 2019 haben sich 2.522 Interessenten für eine Ausbildungsstelle bei der Berufsberatung gemeldet. Das sind 5,4 Prozent weniger als 2019. Die Ausbildungsbetriebe in der Region haben seit Oktober 3.422 Lehrstellen gemeldet, was einem Plus von 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Rein rechnerisch kommen so 1,36 Ausbildungsstellen auf einen Bewerber.
Im Landkreis Reutlingen waren im Mai 7 388 Menschen (plus 44,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr) arbeitslos gemeldet, davon 3.536 (plus 60,1 Prozent) bei der Agentur für Arbeit und 3.852 (plus 32,2) beim Jobcenter Landkreis Reutlingen. Im Landkreis Tübingen waren 4.316 Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen (plus 36,2 Prozent). Davon wurden 2.305 von der Arbeitsagentur betreut (plus 56,1) und 2 011 (plus 18,8) vom Jobcenter Landkreis Tübingen. (aa)