REUTLINGEN. Nein, es gibt keinen Weihnachtsmarkt. Und ja, das ist für viele kaum auszuhalten. Aber könnte man nicht ein klitzekleines bisschen Weihnachtsmarktflair daheim auf dem Balkon oder im Garten inszenieren – mit, sagen wir mal, maximal fünf Personen aus maximal zwei Haushalten? Doch, das geht: mit Rezepten für Glühwein, gebrannte Mandeln und Schupfnudeln. Und mit der unverzichtbaren weihnachtsmusikalischen Untermalung, die man erfahrungsgemäß nach dem zweiten Glühwein ganz toll findet.
Glühwein: Ute Schall vom Weinhaus Schall in Betzingen rät: Greift zu einem Dornfelder, »er hat Farbe, Kraft und eine schöne Frucht«. Auf einen einfachen Wein sollte man ihrer Meinung nach besser verzichten. Denn: Qualität merke man auch beim Glühwein.
Diese Zutaten empfiehlt die Expertin: einen Liter guten Rotwein, eine Orange plus etwas Saft – das ersetzt gleichzeitig den Zucker (Orangen in Scheiben schneiden), eine Zimtstange, einen Teelöffel Nelken, zwei Sternanis, zwei Kardamom-Kapseln, eine halbe Zitrone (in Scheiben schneiden), je nach Geschmack kann man noch eine Vanilleschote dazugeben.
Wichtig: Den Glühwein bei mittlerer Temperatur erhitzen und vom Herd nehmen, wenn er anfängt zu blubbern. Keinesfalls aufkochen, weil dabei der Alkohol verfliegt und der Glühwein brandig schmeckt, sagt Ute Schall. Wer auch beim weihnachtlichen Tropfen auf Süßes steht, kann zusätzlich noch Kandis dazugeben. (ott)
Schupfnudeln: Und die Grundlage für den Glühwein? Deftige Schupfnudeln mit Sauerkraut zum Beispiel, die man in normalen Zeiten an etlichen Ständen auf dem Reutlinger Weihnachtsmarkt bekommt. Wie gelingen die auch auf den heimischen Herdplatten? Mit »viel Liebe«, sagt Anja Sommer augenzwinkernd. Die Mitinhaberin der Konditorei Sommer gibt Tipps, damit das Sauerkraut zuhause mindestens genauso mundet wie auf dem Reutlinger Weihnachtsmarkt. Als Grundzutat empfiehlt sie regionales Filderkraut. Es sollte gut gewürzt und schön weich sein. Wer auf Fleischiges steht, kann kleine Speckwürfel für gutes Aroma anbraten und später untermischen. Zu guter Letzt geht es an die Schupfnudeln – ein süddeutscher und österreichischer Klassiker. Wenn’s schnell gehen soll, kann man sie natürlich fertig kaufen. »Ich empfehle, die Schupfnudeln selber zu rollen«, meint jedoch Anja Sommer. »Das ist zwar viel Arbeit, schmeckt aber umso besser.« Die perfekte Schupfnudelgröße liegt übrigens bei rund sechs Zentimetern. Für vier Portionen Schupfnudeln mit Kraut braucht man jedenfalls 500 g Sauerkraut, 2 TL gekörnte Brühe, 100 g geräucherten Speck und 500 g Schupfnudeln. (ott)
Gebrannte Mandeln: Wenn daheim Weihnachtsmarkt-Feeling aufkommen soll, dürfen auch gebrannte Mandeln nicht fehlen. Die Zutaten: 200 g Mandeln, 200 g Zucker, 100 ml Wasser, 1 Päckchen Vanillezucker, ½ Teelöffel Zimt. Zucker, Vanillezucker und Zimt in eine Edelstahlpfanne geben und etwas mischen, das Wasser zugeben. Ohne umzurühren zum Kochen bringen. Die Mandeln dazugeben und unter ständigem Rühren auf hoher Stufe weiter kochen, bis der Zucker trocken wird. Dann die Temperatur auf mittlere Stufe stellen und so lange rühren, bis der Zucker leicht zu schmelzen beginnt und die Mandeln etwas glänzen. Dann die Mandeln auf ein Backblech schütten, mit zwei Gabeln auseinanderziehen und abkühlen lassen. (ege)
Playlist: Und nun zur Playlist für den echten Weihnachtsmarkt-Sound. Man nehme die folgenden Titel, mische sie in beliebiger Reihenfolge und spiele sie notfalls in Endlos-Schleife.
»Driving home for Christmas« von Chris Rea: Was in diesem Jahr zwar nicht verboten ist, aber zumindest mit Vorsicht gemacht werden sollte: die weihnachtliche Bahn-Heimfahrt zur Familie. Saßen in Vor-Corona-Zeiten noch scharenweise Studenten und junge Leute in den Zügen nach Hause, werden das in diesem Jahr wohl einige weniger sein. Wer dann aber schließlich daheim angekommen ist (egal ob mit Zug oder Bus), der kann sich an diesem fröhlichen Weihnachtsklassiker gemeinsam mit den engsten Verwandten erfreuen.
»Last Christmas« von Wham!: Für den heimischen Weihnachtsmarkt gilt bei diesem Klassiker der dringende Ratschlag: Bitte wohldosiert einsetzen. Dank alljährlicher Nonstop-Wham!-Beschallung in den vorweihnachtlich dekorierten Kaufhäusern gibt es nämlich mittlerweile mindestens genauso viele Gegner wie Fans dieses Songs. Trotzdem gehört er zum Fest.
»Holz – Weihnachtslied« von 257ers: Weihnachten ist ja ein Familienfest, also sollte auch mindestens ein Lied die Generationen Y und Z ansprechen. Empfehlung dafür: die Weihnachtsedition des Holz-Songs. Der Songtext spielt zwar in einer Vor-Klimawandel-Zeit, denn im Text wird ernsthaft Schnee erwähnt, ja sogar genug Schnee, um daraus einen Schneemann zu bauen … Davon abgesehen kann man über die liebevolle Hommage an die Tanne aber herzhaft lachen.
»Shake up Christmas« von Train: Noch ein unkonventioneller Weihnachtssong gefällig? Wie wär’s mit diesem fröhlichen Song von Train? Wer die Augen schließt, der sieht sich glatt mit Freunden in der Reutlinger Wilhelmstraße stehen, einen Glühwein in der Hand und ein breites Lachen auf dem Gesicht. So, als wäre 2020 einfach ein normales Jahr geworden, und Corona nur ein Bier geblieben.
»Christmas lights« von Coldplay: Stimmungsvoll, ja fast schon sentimental wird’s bei diesem Weihnachtslied von Coldplay. Um noch mal aufs Thema Schnee zurückzukommen, sei eine Textpassage zitiert: »Still waiting for the snow to fall, it doesn’t really feel like christmas at all.« Ob Coldplay schon bei der Entstehung dieses Liedes im Jahr 2015 wusste, was da fünf Jahre später auf uns zukommt?
»In der Weihnachtsbäckerei« von Rolf Zuckowski: Fehlt noch ein deutscher Klassiker. Wem »O Tannenbaum« und »O du fröhliche« ein bisschen zu festlich ist, dem sei zur fröhlicheren Variante von Rolf Zuckowski geraten. Dabei können Klein und Groß zusammen Gutsle backen. Und es steht ja nirgendwo geschrieben, dass man zu diesem Lied nicht auch Schupfnudeln oder gebrannte Mandeln (siehe oben) zubereiten kann. (kk)