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Erkrankt, genesen, verstorben: Wie die verschiedenen Corona-Zahlen zu verstehen sind

Landratsämter, Ministerien, Institute: Sie alle melden täglich Corona-Fallzahlen. Damit die vielen verschiedenen Zahlen besser eingeordnet und interpretiert werden können, haben wir aufgelistet, wer was an wen melden muss - und wie viel Zeit dazwischen oft vergeht.

Abstrich-Zentrum
Corona-Abstrich-Zentrum in Stuttgart.  Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Corona-Abstrich-Zentrum in Stuttgart.  Foto: Sebastian Gollnow/dpa

KREIS REUTLINGEN. Jeden Tag prasseln dutzende Zahlen im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus auf uns ein. Und wie das mit Zahlen eben so ist: Sie lassen sich in die eine wie auch in die andere Richtung interpretieren. Der GEA erhält die Zahlen über die Infizierten in den Kreisen Reutlingen und Tübingen von den jeweiligen Landratsämtern, meist ein oder zwei Mal pro Tag. Außerdem kommt jeden Abend eine Meldung vom Sozialministerium über die Lage in ganz Baden-Württemberg.

Wie aktuell sind die Fallzahlen, die täglich von den Landratsämtern an die Presse kommuniziert werden?

Es ist schwer, einen Rückschluss auf die aktuelle Lage in den Landkreisen zu ziehen, wenn man nur die täglich gemeldeten Zahlen betrachtet. Die Labore sind völlig überlastet und kommen mit der Auswertung der Proben kaum hinterher, das bestätigen die Pressestellen der Landratsämter Reutlingen und Tübingen. Bei den aktuell gemeldeten Daten sei man immer fünf bis sieben Tage im Verzug, heißt es aus Reutlingen. Das Tübinger Landratsamt meldete am vergangenen Freitag beispielsweise 144 Infizierte - betonte aber auch sofort, dass in diesen Lagestand noch nicht einmal die Tests vom Wochenende zuvor eingerechnet waren.

Wird bei allen Personen ein Abstrich gemacht, die Symptome haben?

Nein - die Kriterien für einen Corona-Test sind von Kreis zu Kreis verschieden. Im Kreis Reutlingen wird nur bei Personen ein Abstrich vorgenommen, die Kontakt zu einem Infizierten hatten und Symptome haben, bei Menschen, die eine Lungenentzündung haben, bei Menschen die im Medizinsektor arbeiten und die Symptome haben und bei Menschen, die zu Risikogruppen gehören und die Symptome haben. Anders geht man im Kreis Tübingen vor: Hier wird nur getestet, wer in einem Risikogebiet war oder Kontakt zu einem Infizierten hatte - und mindestens 38 Grad Fieber hat. Es kann also angenommen werden, dass viele Infizierte gar nicht in einer Statistik auftauchen, weil sie sich nicht testen lassen konnten.

Wer gilt in den Meldungen der Landratsämter als Corona-Todesfall?

Das Reutlinger Landratsamt hat bislang schon zwei Corona-Todesfälle gemeldet und teilt dazu mit: »Personen, deren Tod in Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung steht, werden als Todesfall in den Corona-Lageberichten gezählt.« Das Tübinger Landratsamt gibt dagegen gar keine Meldungen über Corona-Todesfälle heraus.

Die Todesfälle in ganz Baden-Württemberg werden - aufgeschlüsselt nach Landkreisen - auch vom Sozialministerium übermittelt. In der Montagsmeldung des Ministeriums tauchte der Tübinger Todesfall aber noch nicht auf. Insgesamt ist in dieser Meldung von 31 Corona-Todesfällen im Südwesten die Rede. 

Wer gilt in den Meldungen der Landratsämter als geheilt?

Das Reutlinger Landratsamt hat heute zum ersten Mal auch Geheilte vermeldet - nämlich gleich zwei Personen. Das sind Personen, die symptomfrei sind und aus der Quarantäne entlassen wurden - also durchaus auch Personen, die einen leichten Verlauf hatten und gar nicht im Krankenhaus waren, sondern nur in häuslicher Quarantäne. Das Landratsamt Tübingen hat bislang keine Geheilten vermeldet. Kontrollabstriche am Ende der Quarantäne - wie anfangs noch praktiziert - gibt es in beiden Landkreisen aus Kapazitätsgründen nicht mehr. 

Warum weisen die täglichen Lagemeldungen der Landratsämter und des Sozialministeriums immer andere Zahlen auf?

Die rund 400 Kreisgesundheitsämter in ganz Deutschland müssen ihre Fallzahlen an das jeweilige Landesgesundheitsamt übermitteln - was sehr aufwändig ist, wie ein Pressesprecher des baden-württembergischen Sozialministeriums auf GEA-Nachfrage sagt. Da das Arbeitsvolumen gerade sehr hoch ist, sind die Kreisgesundheitsämter mit ihren Meldungen oft ein wenig im Verzug. Das Reutlinger Landratsamt teilt mit, dass die Fallzahlen aus dem Kreis nach einem oder zwei Tagen übermittelt werden - dann tauchen sie auch in den Statistiken des Landes auf. In der aktuellen Lagemeldung des Sozialministeriums sind für den Kreis Reutlingen 113 Fälle (eigentlich 127) vermerkt und für den Kreis Tübingen 144 (eigentlich 191).

Woher bekommt das Robert-Koch-Institut (RKI) seine Fallzahlen?

Die Landesbehörden melden ihre Fallzahlen wiederum an das RKI. Vom Bekanntwerden eines Falles vor Ort bis zur Auflistung in der RKI-Statistik vergehen laut RKI-Homepage zwei bis drei Arbeitstage. Viele Kreisgesundheitsämter übermitteln auch am Wochenende keine Zahlen. Es kann also durchaus zu einem kurzfristigen Abflachen der Kurve der Neuinfektionen kommen, beispielsweise nach einem Wochenende - was aber noch keine langfristige Besserung bedeuten muss.

Die Zahlen, die das RKI veröffentlicht, werden immer um Mitternacht aktualisiert: Um 0 Uhr am heutigen Montag waren beim Institut deutschlandweit 22.672 Fälle bekannt. Die amerikanische Johns Hopkins University, die bestätigte Fallzahlen beinahe in Echtzeit auflistet, hat (Stand 19:45 Uhr) aber bereits 28.865 Fälle in Deutschland registriert. Die RKI-Zahlen werden also wohl wieder deutlich ansteigen, sobald alle Kreisgesundheitsämter die neusten Zahlen nach dem Wochenende übermittelt haben. (GEA)