MITTELSTADT. Seit dem Frühjahr 2024, mit wetterbedingten kurzen Unterbrechungen, sanieren Mitglieder der Evangelischen Kirchengemeinde ehrenamtlich die wohl schon aus dem Mittelalter stammende Mauer neben der Kirche in Mittelstadt. Sie diente früher als Begrenzung des bis 1904 genutzten Friedhofs und fängt statisch auch den Hangdruck ab.
Die sehr sehenswerte Martinskirche wurde 1912 durch den bekannten Architekten Martin Elsäßer (1884–1957) geplant und erbaut und ist als Jugendstildorfkirche eine Besonderheit. Die breit gelagerte Form des Schiffs, die Strukturierung der Uhrenstube mit senkrechten Lisenen, die Ornamentik der Turmgesimse, die Form der äußeren Stützpfeiler und im Innern die Malereien der Emporenbrüstung stehen für die Kunstepoche um die Wende zum 20. Jahrhundert.
Als weitere Eigenheit betritt man die Martinskirche über das Hauptportal auf der Ostseite, während Kirchen in der Regel an der Ostseite nicht den Eingang, sondern ihren Chor haben: Durch die Chorfenster fällt das Licht der aufgehenden Sonne herein, Symbol für den auferstandenen Christus. Vermutlich legte Elsäßer den Eingang an die Ostseite, weil die Kirche von dort aus bequemer zugänglich ist. Die Kirche hat Vorgängerbauten, wobei das Martinspatrozinium bereits auf die Karolingerzeit um 800 hinweisen könnte.
»Die Mauer ist historisch, alles musste vorher mit dem Denkmalamt abgesprochen werden«, berichtet Maurermeister Walter Mayer. Zusammen mit Ulrich »Ulli« Knecht und Kirchengemeinderat Otto Galster baute er die Schalenmauer zunächst ab. Sie besteht aus zwei sorgfältig gesetzten Sichtmauern, den »Schalen«, und einem mit kleineren Steinen und Abfallmaterial ausgefüllten Hohlraum dazwischen. Von Grund auf musste sie mit Trasszement und zwei Sorten Kalk wieder hochgemauert werden. Schwere Steinplatten decken die Oberseite gegen Regen ab. Wie es aussehen wird, wenn alles fertig ist, kann man auf der gegenüberliegenden Seite sehen. Hier ist die Mauer wieder stabil und hat ihren ursprünglichen Charme des Bruchsteinmauerwerks bewahrt. (GEA)