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Aktuell 75 Jahre Kriegsende

»Der Teufel hab die Nazibluthunde selig«

»Glaser Walz« verhindert Kampfhandlungen am Ende des Zweiten Weltkrieges

Humorvoll und tatkräftig: Glasermeister Emil Walz galt als Original.  FOTO: ARCHIV
Humorvoll und tatkräftig: Glasermeister Emil Walz galt als Original. FOTO: ARCHIV
Humorvoll und tatkräftig: Glasermeister Emil Walz galt als Original. FOTO: ARCHIV

REUTLINGEN-GÖNNINGEN. Nicht nur in Reutlingen und Pfullingen, auch in Gönningen gab es mutige Taten gegen Ende des Zweiten Weltkrieges. Dort verhinderte der Feuerwehrkommandant, der Glasermeister Emil Walz, Zerstörungen durch die einmarschierende französische Armee, indem er entgegen des Befehls des nationalsozialistischen Regimes die Straßensperren entfernen ließ. Er soll auch direkt mit den Franzosen verhandelt haben.

»Glaser Walz«, wie ihn die Gönninger nannten, war damals – wohl wegen seiner Tatkraft – überraschend auch der Befehl über den Volkssturm übertragen worden, obwohl seine politische Einstellung im Ort bekannt war. Er war als jüngstes Gemeinderatsmitglied wegen seiner Zugehörigkeit zur Sozialdemokratischen Partei im Jahre 1933 aus diesem Gremium ausgeschlossen worden.

30 Jahre Gemeinderat

Der Reutlinger Historiker Gerhard Junger beschrieb ihn in seinem Buch »Schicksale 1945 – Das Ende des Zweiten Weltkrieges in Reutlingen« folgendermaßen: »Humor, Mutterwitz, Schlagfertigkeit und gesunder Menschenverstand zeichneten Walz unter anderem aus. In kritischen Stunden bei der Besetzung hing das Wohl und Wehe einer Gemeinde oft in hohem Maße von der Einsicht und Entscheidung der örtlichen Volkssturmführung ab.«

Im Rapportbuch der Feuerwehr Gönningen ist folgender Vermerk von Emil Walz – in der für ihn typischen deftigen Sprache – zu lesen: »Einmarsch der französischen Armee am Sonntag, den 22. April 1945, zwischen 11 und 12 Uhr in Gönningen. Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden den Menschen auf Erden. Die Nazibluthunde sind endlich verreckt, der Teufel hab sie selig. Walz Wehrführer.«

Er setzte sich in der Nachkriegszeit bei der Entnazifizierung für manche Bürger ein und war insgesamt 30 Jahre im Gönninger Gemeinderat.

Bei seinem Tod im Jahr 1964 würdigte ihn der Reutlinger General-Anzeiger als Bürger, »der als Original weit über Gönningen hinaus bekannt war. Er wird in der Gemeinde weiterleben«. (GEA)