BETZINGEN. Hexen, Wölfe, Hexen, Katzen, Hexen, Krautscheißer, Hexen, Teufel, Eulen, Kobolde und ein Vielfaches mehr an obskuren Gestalten bevölkerten sehr zur Freude der zahlreichen Besucher die Straßen beim Fasnetsumzug in Betzingen am gestrigen Sonntagmittag. Im Dorf waren die insgesamt 66 Gruppen der unterschiedlichsten Narrenzünfte um 13 Uhr 31 gestartet. Manche hatten Anfahrstrecken von annähernd 200 Kilometern auf sich genommen, um an dem 3. Betzinger Zug teilzunehmen, wenn sie etwa aus der Gegend um Freiburg herum angereist waren.
Andere Gruppen kamen aus Leonberg, Esslingen, viele aber auch aus der hiesigen Region, um genau 975 Meter von der Bäckerei Bosch über die Steinachstraße bis zum Julius-Kemmler-Platz zu laufen, zu hüpfen, zu schleichen und – Schabernack zu treiben. »Das Wetter ist nicht hundertprozentig richtig gut«, hatte der Sitzungspräsident der Betzinger Krautskräga, Karl-Heinz Kutzbach, auf dem riesigen Auflieger, dem Sprecherwagen, an der Kreuzung Im Dorf/Steinachstraße vorsichtig formuliert.
»Die Stimmung ist hervorragend«
Mit anderen Worten beschrieben: Es war nass, es war kalt, es war ekelhaft. Aber: »Bei gutem Wetter kann jeder«, hatte Krautskräga-Pressesprecher Marco Steimle betont. Trotz miserabler äußerer Bedingungen sagte Kutzbach: »Die Stimmung ist hervorragend.« Und die Menschenmassen an den Straßenrändern bewiesen ja auch, dass beste Laune nicht wetterabhängig sein muss. »Krautskräga, Krautskräga, Krautskräga«, erschall aus hunderten Mündern der Ruf der Betzinger Narrenzunft, als ein Teil von ihren Hästrägern an dem Sprecherwagen vorbeizog.
Ein anderer Teil der insgesamt 170 aktiven Krautskräga war anderweitig engagiert, um sich etwa als Ordnungskraft zu betätigen. Oder an den zahlreichen Versorgungsständen entlang der Feststrecke. Begonnen hatten die Narren aus Betzingen schon im vergangenen Jahr mit den Vorbereitungen, wie Zunftmeister Andreas van Wirdum kurz vor Umzugsstart betonte. Das war damals noch mitten in Corona-Zeiten, das Risiko war also überhaupt nicht abzuschätzen, ob der Umzug überhaupt hätte stattfinden können. »Abgesagt gewesen wäre ja schnell wieder«, so van Wirdum. Doch es kam anders – sehr zur Freude all der Narren in den Vereinen und auch entlang der Straßen. Zwischen 2.500 und 3.000 Hästräger waren gestern Im Dorf und in der Steinachstraße unterwegs.
Eine bunte Vielfalt an unterschiedlichen Kostümen, Masken, immer wieder Menschen- beziehungsweise Hexenpyramiden und auch unterschiedliche närrische Schlachtrufe konnten die Gäste entlang der Umzugstrecke bestaunen: »Teufel, Teufel – fort vom Markt«, riefen etwa die Esslinger Höllahupfer und Rombelesweibla. Einfacher ging es bei den Degerschlachter Eulen: Ihr Ruf lautete »Eule – huhu, Eule – huhu, Eule – huhu«. Oder »Dachmarder, Dachmarder, Dachmarder« von Walddorfer Narren. Richtig kompliziert wurde es bei den Närrischen aus Reicheneck: »Bell – au / Stroaß frei – dr Rieth kommt / Knecht – lass kracha / Brass – Bandits.« Tja. Fasching oder Fasnet ist halt nichts für Einfaltspinsel.
Das dachte sich wohl auch Reutlingens Oberbürgermeister Thomas Keck, der es sich in seiner Heimatkommune Betzingen nicht nehmen ließ, persönlich dem närrischen Treiben zuzuschauen. Gemeinsam mit anderen Persönlichkeiten – wie etwa dem CDU-Bundestagsabgeordneten Michael Donth, der als Donut gekommen war – ging es dementsprechend hoch her auf dem Sprecherwagen. Einen Vorteil hatten die Promis auf jeden Fall: Sie standen zwar ebenfalls im Kalten, aber immerhin nicht im Regen. (GEA)