BERLIN. Der Blick ins Aktiendepot verlangt von Privatanlegern in diesen Tagen starke Nerven. Kaum hatte US-Präsident Donald Trump seine Ankündigung wahrgemacht, neue Handelszölle einzuführen, fielen die Aktienkurse weltweit. Mehr noch: »Anleiherenditen sanken aufgrund von Wachstumssorgen und Risikoaversion, der US-Dollar schwächte sich wegen höheren Erwartungen an Zinssenkungen ab und Gold ging seitwärts«, erklärte Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank. Besserung ist zunächst nicht in Sicht, ein Börsencrash mit Totalverlusten dürfte jedoch ausbleiben.
»Die nächsten Wochen bleiben volatil, bieten aber langfristig Chancen«
- Was ist jetzt zu tun?
Wie bei allen Gelddingen gilt auch angesichts von Trumps Zollkeule der Grundsatz: Ruhe bewahren. Schwierig ist das für diejenigen, die kurzfristig Geld aus ihrem Aktiendepot lockermachen müssen – etwa für den Kauf eines neuen Autos. Wer die Anschaffung nicht verschieben kann, sollte mögliche Verluste akzeptieren und die benötigte Summe besser »heute noch freimachen«, riet Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur von Finanztip, im ZDF. Denn niemand wisse, was die nächsten Tage noch passiere. »Die laufende Abwärtsbewegung kann durchaus noch über einen längeren Zeitraum anhalten«, hieß es dazu in einer Analyse der Landesbank Baden-Württemberg. Wer hingegen auf die lange Sicht investiert hat, kann sich vergleichsweise entspannt zurücklehnen. Im Laufe des Jahres erwarten Händler eine Entspannung. Eventuell geht es sogar schneller, denn Trump deutete gestern bereits Verhandlungsbereitschaft an.
- Sind Aktien trotzdem gut für die Altersvorsorge?
Ja, denn »kurzfristige Verluste gehören zum Aktienmarkt dazu. Das zeigt die Historie der letzten gut 220 Jahre«, wie es bei der Verbraucherzentrale heißt. Eine Analyse der Goethe-Universität Frankfurt/ Main rechnete auf Basis historischer Daten verschiedene Szenarien für eine Anlage von 50 Euro im Monat von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr durch. Selbst beim denkbar schlechtesten Verlauf waren die Erträge üppig. Betrachtet wurde der Zeitraum 1948 bis 2020, dazwischen lagen etliche Börsencrashs, beispielsweise der »Schwarze Montag« vom Oktober 1987, an dem der US-Börsenindex Dow Jones an einem Tag 23 Prozent einbüßte. Zum Vergleich: Am Freitag gab der Dow Jones bis zum Nachmittag um knapp vier Punkte nach. Und der Blick auf den größten Staatsfonds der Welt, den norwegischen Pensionsfonds, zeigt: Sein Marktwert nahm selbst nach der Zollkeule weiter zu.
- Sind ETFs eine sichere Bank?
ETFs wurden und werden vor allem Privatanlegern ans Herz gelegt. Es handelt sich dabei um Fonds, die einen bestimmten Index nachbilden. Der bekannteste ist der internationale Aktienindex MSCI World. Die Verbraucherzentrale rät aktuell von einem Verkauf ab. »Börsenschwankungen sind normal, und Aktien-ETFs sind als langfristige Geldanlage gedacht«, heißt es dort, und weiter: »Die erfolgversprechendste Anlagestrategie besteht darin, derartige Verlustphasen auszusitzen.«
- Lohnt sich der Einstieg?
Wer angesichts fallender Kurse über einen Aktienkauf nachdenkt und kein Profi ist, sollte sich des Risikos bewusst sein. Abwegig ist der Gedanke nicht. "Chancen ergeben sich für mutige Anleger", erklärte Stephan und nannte als Kaufgelegenheiten US-Tech-Unternehmen, europäische Banken, Industrie, Infrastruktur sowie Gold und Qualitätsanleihen. Langfristige Staatsanleihen taugen als Absicherung gegen Rezessionsrisiken. »Die nächsten Wochen bleiben volatil, bieten aber langfristig Chancen«, erklärte der Experte. (GEA)