REUTLINGEN. Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Reutlingen (IHK) hat zehn Forderungen für die Bundestagswahl verabschiedet. Damit macht sie deutlich, was sie für den wirtschaftlichen Umschwung dringend für nötig hält. So spricht sie sich laut Mitteilung unter anderem für weniger Regulierungen, den Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur sowie ein vereinfachtes Steuersystem aus. »Die Firmen brauchen das Signal, dass sich in diesem Land etwas zum Besseren ändern soll und kann. Wir stehen an einem Scheideweg: Gelingt uns das Comeback als starker Wirtschaftsstandort oder sind wir künftig einfach nur noch Mittelmaß?«, warnt IHK-Präsident Christian Erbe.
Aus Sicht der IHK-Vollversammlung braucht es ein grundlegendes Umdenken, um vor allem die Kräfte der kleinen und mittleren Betriebe zu entfachen. »Viele Unternehmer leiden unter den vielen Vorschriften und Regulierungen, die sie erledigen müssen, die aber viel Zeit kosten. Stattdessen würden sie sich lieber um neue Produkte oder Kunden kümmern«, kritisiert der IHK-Präsident.
Auch müssen die Energiepreise sinken, fordert die IHK. Wenn Betriebe zum Teil das Vier- bis Fünffache ihrer ausländischen Konkurrenten für Strom zahlen müssten, seien sie oft nicht mehr wettbewerbsfähig. Zudem müsse der Fokus dringend auf den Ausbau der Verteilnetze gelegt werden, um den Strom aus erneuerbaren Energien in die Fläche zu bekommen, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp.
Regulierungen sind ein weiteres Thema, das die IHK umtreibt. Die IHK plädiert dafür, die Vielzahl an regelmäßigen Berichten und Nachweisen abzubauen, wie regelmäßige Statistik-Meldungen zur Produktionsmenge oder die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Sinnvoller sei es zudem, die Einhaltung von Regelungen nicht mehr ständig zu kontrollieren, sondern verstärkt auf Stichproben zu setzen. »Was dadurch an Kapazität gespart wird, kann unmittelbar in die Digitalisierung der Verwaltung fließen, denn auch hier sind uns andere Länder deutlich voraus.«
Mehr Entscheidungsfreude
Deutlich mehr Geschwindigkeit und Entscheidungsfreude wünscht sich die IHK-Vollversammlung beim Ausbau und der Ertüchtigung der regionalen Infrastruktur. »Wir brauchen Jahrzehnte für den Bau einer Straße wie der B27 oder dem Ausbau der B463 in Albstadt. Das ist nicht mehr vermittelbar«, kritisiert Epp. Die Planungsverfahren sind aus seiner Sicht zu langwierig: Straßen und Schienen sind vielerorts verbraucht und müssen erneuert oder ergänzt werden, beim nötigen Breitbandausbau geht es ebenfalls zu langsam voran. »Politik und Verwaltung hören auf jede Bürgerinitiative, aber haben zu wenig im Blick, was dem Standort, den Unternehmen und dem Erhalt des Wohlstands dient.«
Insgesamt mahnt der IHK-Hauptgeschäftsführer, in der Umsetzung vieler wichtiger Projekte auf mehr Pragmatismus zu setzen. »Die deutsche Freude am Detail gepaart mit politischer Ideologie haben das Land mit in diese schwierige Lage gebracht.« (GEA)