ENGSTINGEN. Clubs und Diskotheken dürfen wieder öffnen - doch der Trödler in Engstingen bleibt erstmal zu. Das verkündete das Team um Pächter Josua Grauer nun auf den Sozialen Netzwerken. »Wir verstehen uns als Ort, an dem ganz unterschiedliche Menschen sich treffen, wiedersehen, essen, feiern, tanzen und fröhlich sein können«, heißt es in dem Statement auf Facebook und Instagram. Der Trödler sei ein Ort, an dem sich Menschen unabhängig von Herkunft, Beruf und anderen Merkmalen treffen könnten. Dass dies in Zukunft aber nur für Geimpfte oder Genesene problemlos wieder möglich sein soll, will Pächter Grauer nicht hinnehmen. »Diese Ausgrenzung einer ganzen Personengruppe empfinde ich als Spaltung«, betont er im GEA-Gespräch. »Das kommt der Diskriminierung einer ganzen Gruppe gleich und das möchten wir nicht unterstützen. Wir distanzieren uns eindeutig davon und verurteilen diese Regelung aufs Schärfste.«
»Dadurch würde jede Spontanität verloren gehen«
Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss für den Besuch in einer Diskothek laut neuster Corona-Verordnung des Landes einen negativen PCR-Test vorzeigen. Zum einen kostet ein PCR-Test viel Geld, betont Grauer. Bei Anbietern in Reutlingen und Tübingen liegen die Preise zwischen 65 und 100 Euro. »Außerdem würde dadurch jede Spontanität verloren gehen«, beklagt Grauer weiter. Ein Disco-Besuch werde nunmal meistens nicht eine Woche im Voraus geplant. »Stellen Sie sich vor, fünf Leute sitzen abends zusammen und beschließen, noch spontan in den Trödler zu gehen. Dann stellt sich raus, dass einer ungeimpft ist. Der kann ja so schnell keinen Test mehr machen. Die kommen dann alle nicht.«
Grauer betont: »Der Trödler ist für uns alle eine Herzensangelegenheit und keine wirtschaftliche Notwendigkeit.« Auch deshalb habe er sich gemeinsam mit dem Team dazu entschlossen, die Konsequenzen aus der als so ungerecht empfundenen PCR-Regelung zu ziehen. Von der aktuellen Regierung erwartet er keine Regel-Änderung mehr. Deshalb will er bis nach der Bundestagswahl warten, schreibt er auf Social Media. »Dann wollen wir schauen, ob die neue Regierung eine klare, nachvollziehbare Strategie für unsere Branche hat, mit der wir planen können. Oder ob es wieder nur bei Blabla bleibt, oder eventuell sogar wieder komplett unter den Tisch fällt.«
Getroffene Regelungen müssen mindestens sechs Wochen in Kraft sein, bevor er öffnet, betont der Pächter weiter. »Was wir nicht machen werden: Aufmachen, um dann drei oder vier Wochen später wieder zu zu machen, weil unseren Politikern ein neuer Parameter oder was ganz anderes einfällt.« Man benötige im Interesse der Mitarbeiter eine mittelfristige Planungssicherheit. »Wir können nicht jetzt 40 oder 50 Mitarbeiter überzeugen, ihre aktuelle Nebentätigkeit aufzugeben und bei uns zu arbeiten, um genau diese Mitarbeiter vier bis sechs Wochen später eventuell wieder ohne Beschäftigung freistellen zu müssen.«
Kostenlose Schnelltests wären noch akzeptabel
Was Grauer als Regelung noch akzeptieren würde: Wenn statt eines PCR-Tests für Ungeimpfte auch ein kostenloser Schnelltest gelten würde. Dass nur PCR-Tests erlaubt sind, hält er für »Geldmacherei, denn wo ist denn da die Logik? Wenn ich den Test 24 Stunden vor dem Clubbesuch mache, kann ich mich doch trotzdem noch anstecken.«
Auf Facebook und Instagram wird das Trödler-Team für den Entschluss, nicht zu öffnen, fast ausschließlich gefeiert. »Eigentlich wollte ich genau das nicht hören, da ich mich schon gefreut habe, den Trödler wieder zu besuchen... Aber da ihr damit vollkommen recht habt, ist das in Ordnung. Ich stehe komplett hinter eurem Statement und freu mich auf den Tag, wenn ihr für alle eure Pforten wieder öffnet«, schreibt ein Nutzer. Andere halten sich kürzer: »Respekt an euch!« und »Stark« heißt es hundertfach. Auch Grauer betont, dass er bislang nur positives Feedback für den Entschluss bekommen habe. (GEA)