TROCHTELFINGEN. Ziemlich gefragt waren die Kelten in Trochtelfingen. Nicht nur, dass sie ihre Spuren im Städtle und auf der Mittleren Alb hinterlassen haben, Professor Dr. Hartwig Hummel hat für den Geschichts- und Heimatverein Trochtelfingen in der Bücherei einen Vortrag zum Leben der Kelten in der Region gehalten. Und das hat die Trochtelfinger interessiert. Aufgrund des Besucherandrangs musste die Bücherei auch ihren letzten Stuhl bereitstellen, um allen einen Sitzplatz zu bieten. Eingefleischte Keltenfans kamen in keltischem Kettenhemd, Helm und Kleidung bis zu den Strohschuhen.
Hartwig Hummel ist in Trochtelfingen aufgewachsen und widmet sich seit seiner Pensionierung als Professor für Politikwissenschaft an der Universität Düsseldorf wieder seiner alten Leidenschaft für Heimatgeschichte.
Kernland der keltischen Kultur
Zunächst stellte er dar, dass sich früher kaum jemand für die keltische Vergangenheit der Alb interessiert habe, sie sich aber jetzt immer größerer Aufmerksamkeit erfreue, unter anderem im Zusammenhang mit der Nominierung der Heuneburg für die Unesco-Welterbeliste in einem gemeinsamen deutsch-französischen Vorschlag zusammen mit den frühkeltischen Fürstensitzen am hessischen Glauberg und am Mont Lassois im französischen Burgund.
Die Schwäbische Alb gilt als Kernland der keltischen Kultur: Die Kelten bestanden aus verschiedenen Stammesgruppen, die durch gemeinsame Elemente wie Sachkultur, religiöse Vorstellungen und verwandte Sprachen verbunden waren. Die Schwäbische Alb gehörte zum Stammesgebiet der keltischen Videliker, der »Menschen von den weißen Bergen«, so die sprachwissenschaftliche Deutung.
Spuren der keltischen Kultur lassen sich von der späten Bronzezeit, der sogenannten Urnenfelderzeit, bis in die Römerzeit und sogar in die frühe Alamannenzeit finden. Die Eisenzeit als eigentliche Keltenzeit dauerte auf der Alb von 800 vor Christus bis zur römischen Eroberung 15 vor Christus.
Die zahlreichen Funde auf der gesamten Alb belegen die hohe Kultur der Kelten. Auf der Haid zwischen Engstingen, Trochtelfingen und Sonnenbühl sowie zwischen Steinhilben, Wilsingen und Mägerkingen befanden sich zahlreiche keltische Grabhügel, ja ganze Hügelgräberfelder. Und auch andernorts finden sich Spuren keltischer Siedlungen und Verbindungswege. Hartwig Hummel berichtete vom Haidbauern Johannes Dorn, der um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wegen seiner Leidenschaft für keltische Funde eine Legende war. Viele seiner Funde sind heute allerdings auf viele Sammlungen und Museen verstreut.
Der Referent wies darauf hin, dass die Kelten auch sprachliche Spuren hinterlassen haben, vor allem in Orts-, Fluss- und Flurnamen. Oft seien sie allerdings kaum noch erkennbar oder würden ohne sprachwissenschaftlichen Hintergrund falsch interpretiert. Mehrere Flussnamen in der näheren Gegend stammen aus dem Keltischen wie die Ammer (Ambrâ), Echaz (Akuantiâ), Wiesaz (Visantia), Erms (Armisia) oder Ablach (Ablakâ). Städtenamen wie Lindau oder Kempten haben keltische Wurzeln. Hartwig Hummel stellte auch die übliche Deutung des Ortsnamens Riedlingen als Ableitung von einem Alamannen namens »Hruodin« infrage. Der Ortsname könnte auch vom keltischen »ritu« für Furt abstammen, Riedlingen also die »Siedlung der Leute an der Donaufurt« bezeichnen.
Tipps für Erkundungstouren
Am Ende seines Vortrags gab Hartwig Hummel den Anwesenden noch Tipps für eigene keltische Erkundungstouren auf den Weg: das Heuneburgmuseum in Hundersingen zusammen mit der nahe gelegenen, teilweise rekonstruierten Keltenstadt, das kürzlich eröffnete Keltenzen-trum zwischen Hülben und Grabenstetten, wo ein keltisches Oppidum in Virtual Reality live erlebbar wird, sowie die kleine Keltenausstellung im Militärhistorischen Museum auf der Haid.
Hummel beantwortete auch Fragen aus dem Publikum. Deutlich wurde hier nochmals seine Verbundenheit mit seiner ursprünglichen Heimat auf der Alb. Der Geschichtsverein war sehr positiv überrascht vom Publikumsinteresse und überlegt nun eine Fortführung solcher Vortragsabende. (eg)