MÜNSINGEN. Es ist Feiertag. Geschäfte haben geschlossen. Wer nicht vorgesorgt und sich mit Lebensmitteln für ein schönes und gutes Essen eingedeckt hat, guckt buchstäblich in die Röhre. Aber nicht die Menschen, die sich auf den Weg nach Münsingen gemacht haben. Bei den Messen schön & gut und Slow Schaf bleibt kein Magen leer. Das Angebot ist schier unüberschaubar. Käse, Wurst, Burger, Maultäschle, auf die Hand, zum Mitnehmen. Versucherle an den Ständen. Und natürlich jede Menge Produkte zum Kaufen. Aber wer bei so viel kulinarischer und optischer Reizüberflutung ein wenig Organisation in seinen Messebummel bringen und dabei alles für ein leckeres Abendessen mit nach Hause nehmen möchte: kein Problem. Zum zweiten Mal gibt es bei schön & gut die Albtasche. In zwei Varianten geht sie über die Theke. Einmal gekauft lässt sie sich mit der dazugehörigen Laufkarte bei den verzeichneten Ausstellern füllen. Was rein kommt, ist eine Überraschung. Was am Ende drin steckt, passt zum Gedanken der Messe: Hier werden Nachhaltigkeit und Regionalität gefeiert. Ein Bummel in zehn Stationen für einen Kochabend mit Freunden, der auch mit Wissen gespickt ist.
»Vielleicht entdecken wir was Neues. Wir wollen unsere Umgebung kulinarisch kennenlernen«, sagen Linda Weidenbacher und Franka Theis. Dazu bietet die Doppelmesse schön & gut und Slow Schaf, die am Freitag zum zwölften beziehungsweise elften Mal öffnete, auf jeden Fall das richtige Pflaster. Neues ist ganz sicher zu finden, sind in diesem Jahr doch circa 50 Aussteller zum ersten Mal mit von der Partie. »Hier hat man vieles geballt auf einmal«, sagen die beiden Frauen aus Metzingen. Für ihren vierten Messebesuch haben sie sich vorgenommen, sich kulinarisch überraschen zu lassen. Sie haben sich entschieden, eine Albtasche zu kaufen. Die gibt es zum zweiten Mal bei schön & gut, ein Stück Upcycling der Firma Gota aus Tailfingen. Der Beutel, der aussieht wie ein Unterhemd, passt zum Nachhaltigkeitsgedanken. Wiederverwertbar und aus der Region.
Bei Desirée Grießhaber-Vetter gibt’s eine Dose Leberwurst für den Aperitif. »Das passt gut«, sagt die 26-Jährige. Sie ist zum ersten Mal bei der schön & gut. Letztes Jahr hat sie ihre Metzgermeisterprüfung abgelegt und ist in den Bio-Familienbetrieb eingestiegen. Sie propagiert einen bewussten Umgang mit dem Lebensmittel Fleisch. Das Thema Tierwohl ist ihr wichtig. Nicht jeden Tag Fleisch essen, dafür aber auf Qualität achten.
Lanze für Schafprodukte brechen
Bei Familie Maisch vom Reutebachhof bekommt man ein Schälchen mit italienisch gewürztem Schafkäse. Daniela Maisch, die den Hof vor einem Jahr an ihren Sohn übergeben hat, ist schön-&-gut-Ausstellerin der ersten Stunde. Der Messeauftritt wirkt nachhaltig, sagt sie. Für Schafmilch, Schafskäse und das Fleisch musste sie erst eine Lanze brechen, viel Aufklärungsarbeit betreiben, denn viele Menschen hegten durch die Geschichte bedingt eine Abneigung gegen die Produkte vom Schaf.
Nudeln – für die muss man auch auf der Alb nicht erst eine Lanze brechen. Die Familienmanufaktur Schaut steuert ein Päckchen Dinkelteigwaren zum Menü bei. »Unsere Nudeln bekommt man nur bei uns oder in wenigen ausgewählten Geschäften«, sagt Sabine Schaut. Die Menschen müssten gezielt zur Manufaktur kommen, viele, die vorbei fahren, halten aber nicht an. Deswegen seien eine Messe wie die schön & gut und die Albtasche eine gute Sache, um die Menschen aufmerksam zu machen.
Und was gibt’s dazu? Alblinsen-Nudelsoße aus Sannes Kräuter-Küche. »Tolles Ambiente, nette Kunden«, kommen auch zum Stand von Susanne Oettle, um die Region im Glas zu kaufen. Zum Knabbern geht’s rüber nach Italien. Beim Südtiroler steckt Michael Villgrattner Rosmarin-Grissini ins Täschle. Schwäbische Alb und Südtirol: Für Villgrattner kein Widerspruch. In ihm sind beide Länder vereint, und die Menschen beider Nationen können schaffen, sagt er. Und offensichtlich genießt man hier wie dort gern. Für die richtige Würze sorgt Hannelore Schillinger-Sauer von albfiness mit ihrem Alb-Wacholder-Salz: herb, harzig, für Braten, Wild oder Sauerkraut. Die Kräuter aus der Region verarbeitet sie ebenso wie Zitronen, Orangen, kambodschanischen Pfeffer. Faire Bedingungen bei der Produktion sind ihr wichtig, sie arbeitet mit ausgewählten Vertragshändlern zusammen. »Mir ist es ganz wichtig, zu wissen, wo die Rohstoffe herkommen.« Zusammengestellt werden ihre Kreationen auf der Alb. Das wissen ihre Kunden zu schätzen, sagt sie, und kommen gezielt zu ihr an ihren Messestand, um die Vorräte im heimischen Gewürzregal wieder aufzufüllen – bis zum nächsten Jahr. Wie man all das zubereitet, verrät Winfried Herb in seinem Kochbuch, kombiniert mit G’schichtle aus dem Landkreis Reutlingen.
Getränke dürfen natürlich nicht fehlen: Thomas Benkendorf und seine Frau Sabine sind mit ihrer Lymo seit zwei Jahren am Start. Weniger Zucker und der Geschmack der Alb mit Kräutern und Früchten zeichnen ihr neues Erfrischungsgetränk aus. Weinliebhaber kommen mit einem Tropfen der Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck auf ihre Kosten – und fördern damit direkt die Artenvielfalt in den Weinbergen, wo für Zauneidechse und Wiedehopf gesorgt wird. Den hochprozentigen Digestif steuert Timo Hartter mit einem Palmisch Birnenbrand bei. Alte, heimische Obstsorten, keine Früchte aus Übersee stecken in seinen Spirituosen. Und darum geht es ihm: Vom Anbau über die Ernte bis zum fertigen Produkt ist alles aus einer Hand. Er gibt seinen Tropfen Zeit. Und die sollen sich die Besucher der Messe und die Menschen in der Region auch zum Genießen nehmen. Wohl bekomm’s, das regionale Menü steht, auf einen schönen Kochabend mit Freunden. (GEA)
NOCH ZWEI MESSETAGE
Die Messe ist Samstag und Sonntag, 2. und 3. November, jeweils von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Letzter Einlass ist um 17 Uhr. Das Tagesticket kostet 8 Euro, ein Feierabendticket (ab 16 Uhr) 6 Euro. Für Kinder, Schüler, Studenten, Arbeitslose und Menschen mit Behinderung ist der Eintritt frei. (GEA)