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Kenia-Hilfe Schwäbische Alb stellt Weichen für die Zukunft von Straßenkindern

Wo jetzt die Mädchen aus dem Fenster ihres Schlafsaales lächeln, wird später ein Klassenzimmer der Junior High School sein.
Wo jetzt die Mädchen aus dem Fenster ihres Schlafsaales lächeln, wird später ein Klassenzimmer der Junior High School sein. Foto: Gisela Keller
Wo jetzt die Mädchen aus dem Fenster ihres Schlafsaales lächeln, wird später ein Klassenzimmer der Junior High School sein.
Foto: Gisela Keller

MÜNSINGEN/KARAI. Im Hof von Karai geht es selten so ruhig zu wie im November und Dezember: Kein Gewusel von Kindern in blauen Schuluniformen, kein geschäftiges Hin und Her des Personals. Bis Anfang Januar sind Ferien und die meisten Heimkinder bei ihren Familien. Danach beginnt nicht nur das neue Schuljahr, sondern für das von der Stiftung Kenia-Hilfe Schwäbische Alb unterstützte Straßenkinderprojekt nahe Nairobi ein spannender Schritt in die Zukunft. Er dürfte mit besonderen Herausforderungen verbunden sein, sowohl organisatorischer als auch finanzieller Art.

Da ist zum einen der Umzug des Heims für rund 70 Kinder in einen anderen Bereich des Grundstücks, weiter weg von der Schule, ein Muss nach jahrelanger Duldung durch die Behörden. Zum anderen möchte sich Karai an das 2023 eingeführte neue Schulsystem anpassen, dass nach der 6. Grundschulklasse eine »Junior High School« bis zur 9. Klasse vorschreibt. Naturwissenschaft und Technik bekommen darin mehr Gewicht. Im Januar soll in Karai dieser Schultyp eingeführt werden, zunächst mit einer 7. Klasse. Das hat den Vorteil, dass sowohl die Heimkinder als auch die Tagesschüler aus der Region die projekteigene Grundschule nicht nach der 6. Klasse verlassen müssen, sondern weitere drei Jahre bleiben können, bis sie aufhören oder an eine High School mit abiturähnlichem Abschluss wechseln.

Bau des Schlafsaals im März

Als Vorsitzende der kenianischen Stiftung, die das Projekt offiziell betreibt, war Gisela Keller jetzt in Kenia und hat mit den Verantwortlichen vor Ort die geplanten und notwendigen Veränderungen beraten. Alle Beteiligten hoffen dabei auf einen verträglichen und bewältigbaren Übergang in neue, letztendlich bessere Verhältnisse. Im März wird mit finanzieller Unterstützung durch die Presbyterianische Kirche in den USA ein erster Schlafsaal gebaut. Nach und nach sollen dann weitere Gebäude folgen, bis das Heim komplett umgezogen ist. Die freiwerdenden Räume bieten dann mehr als genug Platz für die künftige »Karai-Münsingen Junior High School«.

Besuch von der Alb ist bei den Kindern im Heim und in der Schule in Karai immer willkommen.  FOTOS: KELLER
Besuch von der Alb ist bei den Kindern im Heim und in der Schule in Karai immer willkommen. FOTOS: KELLER
Besuch von der Alb ist bei den Kindern im Heim und in der Schule in Karai immer willkommen. FOTOS: KELLER

Gut, dass dank privater Spendenaktionen schon ein Schritt in die Zukunft getan werden konnte, zumindest was Energie und Wasser anbetrifft: Auf dem Schuldach treibt seit dem Frühjahr Sonnenenergie die Wasserpumpe in 300 Metern Tiefe an. Küche, Speisesaal, Schlafräume und Verwaltung haben ihre eigenen Paneele. Steigende Strompreise belasten das Budget seither deutlich weniger. Und wenn im ganzen Dorf abends die Lichter ausgehen, weil wieder einmal der Strom fehlt, können die Kinder im Heim dennoch bequem ihre Hausaufgaben machen. In Kenia wird es nämlich das ganze Jahr über bereits um 19 Uhr stockfinster.

Wenn der Regen – wie so oft in jüngster Zeit – länger ausbleibt, dann freut sich Farmhelfer John Ongaya über den riesigen Tank, von dem nicht nur die Tiere profitieren, sondern auch das Feld mit den hohen Grasbüscheln nebenan, sodass vor allem die fünf Kühe immer genügend Grünfutter haben. Und das wiederum bedeutet mehr Milch fürs Heim.

Eine gute Ernährung für die Kinder ist John eine Herzensangelegenheit. Bei jedem Besuch hat sich die Schar der Enten, Gänse und Hühner auf der Farm vergrößert, auch die Anzahl der Kühe, Schafe und Kaninchen wächst. Letztere werden von den Kindern mit Unkraut aus dem Gemüseacker versorgt – eine willkommene Beschäftigung in den Ferien.

Eine beliebte Ferienbeschäftigung für die Schulkinder: Unkraut rupfen als Futter für die Kaninchen.
Eine beliebte Ferienbeschäftigung für die Schulkinder: Unkraut rupfen als Futter für die Kaninchen. Foto: Gisela Keller
Eine beliebte Ferienbeschäftigung für die Schulkinder: Unkraut rupfen als Futter für die Kaninchen.
Foto: Gisela Keller

Jeder Besuch im Projekt bringt auch überraschende Begegnungen: Der neue Sozialarbeiter Brian Kariuki entpuppte sich als Ehemaliger aus dem Heim. Der 25-Jährige hat seinen Bachelor an der Universität gemacht und weiß aus eigener Erfahrung, welche seelischen Lasten seine Schützlinge mitbringen.

Jetzt staatlich registriert

In der Berufsschule tauchte Simon auf, der hier vor fünf Jahren seine Ausbildung zum Elektriker absolviert hat und jetzt als eigenständiger Handwerker seinen Lebensunterhalt verdient. Ein schöneres Feedback für die Arbeit der Kenia-Hilfe kann es nicht geben, findet Gisela Keller.

Während derzeit viele Heime von der neuen Regierung wegen offensichtlicher Mängel geschlossen werden, sind Generalmanager Moses Chege und Heimleiterin Juliet Gikunda stolz darauf, dass die Einrichtung in Karai eine von nur zweien im ganzen Distrikt ist, die jüngst den begehrten Status der staatlichen Registrierung erhalten haben.

Außer für die jüngeren Kinder zwischen sieben und siebzehn Jahren im Heim ist Karai noch für weitere Jugendliche verantwortlich, die bei ihren Familien oder im Internat leben, in eine weiterführende Schule gehen oder eine Ausbildung machen. Insgesamt sind es rund 100 junge Menschen, die nach dem Motto der Stiftung »Hand in Hand in ein eigenständiges Leben« bis zum Ende der Ausbildung unterstützt werden. Danach müssen sie auf eigenen Füßen stehen. (eg/GEA)

 

www.keniahilfe-schwaebische-alb.de