ST. JOHANN. »Überrascht, glücklich und erleichtert«: Florian Bauer fiel am Sonntagabend, als das Ergebnis der Bürgermeisterwahl in der Würtinger Gemeindehalle verkündet wurde, gleich »ein ganzer Steinbruch vom Herzen«. Nach einem nervenaufreibenden Wahlkrimi über zwei Runden steht nun fest: Bauer geht als Bürgermeister in St. Johann in seine zweite Amtszeit. Nachdem aus dem ersten Wahlgang vor zwei Wochen keiner der drei Bewerber als Sieger hervorgegangen war, reichte im zweiten Anlauf die einfache Mehrheit. Diese entfiel mit 47,8 Prozent der Stimmen auf Bauer. Auf Platz zwei folgte Sonja Döhler mit 36,7 Prozent.
Der Abstand aus der ersten Runde wurde also deutlich größer: Am 12. Februar wollten 38,2 Prozent der Wähler Bauer als Bürgermeister, Döhler lag mit 34,4 Prozent nicht einmal vier Prozentpunkte dahinter. Dass Bauer seinen knappen Vorsprung nun so deutlich ausbauen konnte, ging offenbar zulasten des dritten Bewerbers Alexander Knabe. Denn während auch Sonja Döhler ihr Ergebnis im Vergleich zum ersten Wahlgang zumindest leicht steigern konnte, verlor Knabe drastisch: Bekam er vor zwei Wochen noch 26,3 Prozent der Stimmen, waren es dieses Mal nur noch 15 Prozent.
Die Wahlbeteiligung lag bei 65,2 Prozent und damit etwas niedriger als am 12. Februar mit 66,05 Prozent. Wahlberechtigt waren insgesamt 4.224 Bürger, 2 754 von ihnen nutzen die Chance, mitzubestimmen, wer die nächsten acht Jahre Chef im Rathaus ist. Bauers zweite Amtszeit beginnt am 15. April.
»Das Ergebnis flößt mir Respekt ein«, bekannte Bauer in seiner Rede, in der er nicht nur den Wählern, sondern auch seinen Mitbewerbern dankte: »Sie haben Großartiges erreicht und dafür gesorgt, dass St. Johann eine echte Wahl hatte.« In den vergangenen beiden Wochen habe er viele Gespräche geführt: »Ich habe auch Kritik gehört, die ich mir zu Herzen nehmen werde«, betonte er. »Jetzt geht es darum, im Wahlkampf geschlagene Wunden zu heilen, auch wenn vielleicht ein paar Narben bleiben werden. Wir müssen die Gräben wieder zuschütten und zusammenhalten – ich weiß, dass die St. Johanner das können. Wir haben viel zu tun.«
Die »Gräben« waren zuletzt unübersehbar. »In den letzten beiden Wochen war der Wahlkampf sehr emotionalisiert und oft nicht mehr sachlich«, sagte Sonja Döhler, die sich erleichtert darüber zeigte, »dass der Krimi endlich vorbei ist«. Kommunalpolitisch engagieren will sie sich weiterhin – im Kampf des Elternbeirats um den Erhalt der Werkrealschule ebenso wie bei der Neugestaltung des Farrenstall-Areals. Auch dass sie sich bei den Kommunalwahlen im kommenden Jahr für ein Gemeinderatsmandat bewirbt, schließt sie nicht aus. Was die Schule angeht, hoffe sie, »dass der Wahlkampf die Objektivität nicht beeinträchtigt hat und dass wir konstruktiv vorankommen«.
Enttäuscht war vor allem Alexander Knabe, der nicht damit gerechnet hatte, so viele Stimmen zu verlieren. Der Wahlkampf sei auf den letzten Metern »unterste Schublade gewesen«, kritisierte er. »Ich stand immer für Fairness – die aber wurde in den letzten zwei Wochen mit Füßen getreten.« Unterstützer und Familienmitglieder hätten sich öffentlichen Anfeindungen ausgesetzt gesehen, außerdem gab es mehr oder weniger offen geführte Debatten darüber, wer bei wem im Wahlprogramm gewildert haben könnte. Dennoch: »Ich habe auch gute Erfahrungen gemacht, es war ein schöner Ausflug in die Kommunalpolitik«, so Knabe, der sich zumindest darauf verlassen kann, dass sich seine Kollegen in der Dettinger Papierfabrik freuen, ihn nicht zu verlieren.
In der vollen Gemeindehalle bewirteten Mitglieder des Jugendhauses ihre Mitbürger. Die Musiker der beiden Kapellen aus Würtingen und Upfingen standen erneut in ihren Uniformen und mit ihren Instrumenten parat – und wussten, anders als vor zwei Wochen, nun auch, wem sie das Sieger-Ständchen spielen durften.
Gekommen waren auch viele Wegbegleiter der Kandidaten, etliche Alb-Bürgermeister und Abgeordnete der Landes-, Bundes- und Europapolitik. »Ich freue mich von ganzem Herzen für Florian Bauer, wir haben in der Vergangenheit immer gut zusammengearbeitet«, sagte der Engstinger Bürgermeister Mario Storz. Wie Kollege Klemens Betz aus Gomadingen hat er etliche interkommunale Projekte auf der Liste, an denen auch St. Johann beteiligt ist – allen voran den Bau einer gemeinsamen Kläranlage. Amts-Vorvorgänger Raimund Speidel wünschte Bauer, »dass Sie die Spaltung und Polarisierung wieder auflösen können«. Zu den Gratulanten zählte auch der CDU-Landtagsabgeordnete Manuel Hailfinger, der sich ebenfalls für Bauer freute: »Ich habe bei ihm immer offene Türen eingerannt, die Chemie passt.« St. Johann, weiß Hailfinger, hat es mit Blick auf die Finanzen schwerer als viele andere Gemeinden. Das betrifft auch das Wahlkampf-Thema Nummer eins, die Schule, aus dem vielleicht bald etwas Druck genommen wird: »Das Problem ist bekannt, St. Johann ist kein Einzelfall«, sagte der Abgeordnete. »Das Land ist dran und sucht nach Lösungen.« (GEA)