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Aktuell Kommunalwahl

Demokratiearbeit in Mariaberg

Politische Willensbildung barrierefreier machen: Klienten beschäftigen sich mit der Wahl

Wahlübung: Pfarrerin Bärbel Danner und Rony Huber aus Mariaberg beim »Probe-Wählen« im Mariaberger Jugendhaus.  FOTO: MARIABERG
Wahlübung: Pfarrerin Bärbel Danner und Rony Huber aus Mariaberg beim »Probe-Wählen« im Mariaberger Jugendhaus. FOTO: MARIABERG
Wahlübung: Pfarrerin Bärbel Danner und Rony Huber aus Mariaberg beim »Probe-Wählen« im Mariaberger Jugendhaus. FOTO: MARIABERG

GAMMERTINGEN-MARIABERG. Einfach wählen gehen: gar nicht so leicht getan, wie gesagt. Am 9. Juni geben auch Klientinnen und Klienten des diakonischen Unternehmens Mariaberg ihre Stimme bei der Kommunalwahl und der Europawahl ab. Nicht nur die Wahlzettel samt dazugehöriger Bürokratie oder das Beantragen von Briefwahlunterlagen bilden für sie eine Barriere und können sie unter Umständen ganz von der Stimmenabgabe abhalten. Es braucht auch geeignete Formate, um besonders für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen die Informationsbeschaffung vor der Wahl zu ermöglichen.

Im Mariaberger Kommunikationszentrum gab es deshalb eine Veranstaltung, in der sich die Kandidierenden für den Stadtrat Gammertingen vorgestellt haben. Alle drei Gammertinger Listen waren vertreten: Gleiches Recht für Alle, CDU und Grüne/SPD/Unabhängige Bürger. Organisiert wurde das Event von der AG Politische Teilhabe im Unternehmen Mariaberg, federführend von Katrin Lauhoff aus der Stabsabteilung Recht, Qualität, Entwicklung, die zusammen mit Martina Lovercic, Assistentin des Vorstands im Verein Mariaberg, auch die Moderation übernahm.

Alle Politiker sollten sich zunächst selbst mit einem mitgebrachten Gegenstand vorstellen: von einer Parteifahne über einen Glasfaserkabel-Verbund bis hin zum Baseball fielen diese sehr unterschiedlich aus. Danach konnten sich die Besucher mit den Listen-Vertretern in Kleingruppen austauschen. Als Grundlage dienten auch Wünsche an die Politik, die vorab bei einer Infoveranstaltung am Marktplatz Mariaberg und im Jugendhaus Mariaberg gesammelt wurden. Wichtige Themen waren unter anderem die bessere Anbindung Mariabergs an den ÖPNV, speziell häufigere Busverbindungen nach Feierabend und in der Nacht, höhere Straßenverkehrssicherheit durch mehr Beleuchtung und Zebrastreifen sowie mehr Kulturevents. Auch günstigere Döner-Preise wurden mit Nachdruck gefordert.

Im Anschluss hielt Cord Dette vom Albbündnis für Menschenrechte, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sowie Leiter des Fachbereichs Jugendarbeit der Mariaberger Ausbildung & Service gGmbH, einen Vortrag zum Thema: »Bunt aus gutem Grund – Demokratie stärken«. Dette zeigte eindrücklich auf, wie die AfD die Kernkompetenzen der Demokratie infrage stelle: Volkssouveränität, das Rechtsstaatsprinzip, Pluralismus, Gewaltenteilung, Konstitutionalismus und die Achtung der Menschen- und Grundrechte. Durch Unterwanderung dieser Prinzipien werde das Fundament der Demokratie ausgehöhlt – wie bei einem Jenga-Turm. Er belegte alle Ausführungen mit Passagen aus dem Wahlprogramm der AfD. Speziell für die in den Mariaberger Angeboten betreute Klientel und für andere soziale Projekte seien die Vorstellungen der sogenannten Alternative für Deutschland gesellschaftlich nicht tragbar. »Die Demokratie ist noch nicht gefallen. Die AfD ist eine Gefahr für die Demokratie. Sie ist noch nicht ihr Ende. Wir haben noch einiges, was wir entgegenhalten können«, führte Dette aus. Zum Beispiel, die Möglichkeit zur Mitbestimmung durch den Wahlgang wahrzunehmen: »Bei Wahlen sind wir alle gleich. Wir müssen dafür kämpfen, dass Vielfalt möglich ist und jeder nach seiner Facon leben kann.«

In den Wochen vor der Wahl gibt es für Mariaberger Bewohnerinnen und Bewohner zusätzlich die Möglichkeit, im Jugendhaus Mariaberg den Wahlgang unter realistischen Bedingungen zu üben. Mit Unterstützung des Wahlbüros Bronnen und Ortsvorsteher Karl Endriß wurden eigens dafür eine Original-Wahlurne und -kabine in das Mariaberger Jugendhaus geschafft.

Berührungsängste abbauen

Auch Beispiel-Stimmzettel für die Wahl des Gammertinger Stadtrats wurden zur Verfügung gestellt: Hier konnte man so entweder »Die Einen« oder »Die Anderen« als Listen wählen oder zum Beispiel James Bond, Einzelhandelskaufmann aus Mariaberg, oder Donald Duck, Elektriker aus Bronnen, seine Stimme geben.

Pfarrerin Bärbel Danner, die für die evangelische Verbundkirchengemeinde Gammertingen-Trochtelfingen Mitglied der AG Politische Teilhabe ist, übernahm die Rolle der Wahlhelferin. Ziel ist es, Berührungsängste mit der politischen Thematik und Furcht vor der Wahllogistik abzubauen. Dort lässt es sich in Ruhe üben, in welcher Reihenfolge die Schritte zur Stimmenabgabe erfolgen. Wahlhilfen in leichter Sprache für die Kommunal- und die Europawahl stellt außerdem die Landeszentrale für politische Bildung kostenfrei als Broschüren und PDF zur Verfügung. (eg)