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Aktuell Prüfung

Alb bei Münsingen »ungeeignet« für Atomendlager

Seit Jahren sucht die Bundesgesellschaft für Endlagerung nach einem Standort für ein deutsches Atommüll-Endlager. Ein neuer Arbeitsstand dürfte auf der Schwäbischen Alb bei Münsingen für Erleichterung sorgen.

Atommüll
Rund 27.000 Kubikmeter hochradioaktiver Atommüll müssen in Deutschland sicher in einem Endlager untergebracht werden. Die Suche nach dem Standort wird noch Jahre andauern. (Archivbild) Foto: Sina Schuldt/DPA
Rund 27.000 Kubikmeter hochradioaktiver Atommüll müssen in Deutschland sicher in einem Endlager untergebracht werden. Die Suche nach dem Standort wird noch Jahre andauern. (Archivbild)
Foto: Sina Schuldt/DPA

MÜNSINGEN/BERLIN. Auf der Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) mehrere Teile der bisher in Baden-Württemberg potenziell geeigneten Flächen als Standort ausgeschlossen. Ein regionales Band bei Münsingen wurde von den Wissenschaftlern mit der Bewertung »geringe Eignung« aus dem Rennen genommen. Das Band erstreckt sich im Landkreis Reutlingen im Norden bis Bad Urach und Römerstein sowie im Süden bis Hayingen. Im Osten gehören auch die Landkreise Heidenheim und Ostalb zu den Gebieten, die Aufatmen können.

Das gelbe markierte Gebiet auf der Schwäbischen Alb hat die Prüfung als Atommüll-Endlager nicht bestanden. SCREENSHOT: BGE

Diese Entscheidung der BGE basiert auf detaillierten Untersuchungen der geologischen Bedingungen vor Ort, wobei drei Prüfkriterien gegen eine Nutzung sprechen. Erstens ist die sogenannte Opalinuston-Schicht in diesem Gebiet schlicht zu dünn. Diese Tonschicht soll als natürliche Barriere für radioaktive Stoffe wirken, wird aber mit weniger als 100 Metern Dicke als nicht ausreichend sicher eingestuft. Zweitens liegt die Oberkante dieser Tonschicht hier oft in weniger als 500 Metern Tiefe. Das bedeutet, sie ist nicht tief genug im Boden, was ebenfalls nicht den Anforderungen für ein sicheres Endlager entspricht. Ein dritter Faktor ist die geologische Instabilität: In der Region gibt es viele vulkanische Strukturen, die die Schichtung des Gesteins unberechenbar und instabil machen. Diese Unebenheiten und die komplexe Verteilung des Vulkangesteins erschweren die Vorhersage, wie sich das Gestein langfristig verhalten würde.

Bürgermeister von Münsingen bricht Lanze für Energiewende

»Wasserschutzzone und Karstgebiet«: Er habe im Zuge der Diskussionen um mögliche Endlager auf der Mittleren Alb immer wieder die geografischen Ausschlusskriterien angeführt, berichtet Mike Münzing auf GEA-Anfrage. Der Münsinger Bürgermeister hat sich in Arbeitsgruppen, die das Suchverfahren der BGE bundesweit begleitet haben, intensiv mit dem Thema befasst. »Mir war bewusst, wie real die Gefahr hätte werden können. Ein Endlager auf der Alb hätte Konsequenzen für die ganze Raumschaft, über Jahrzehnte, womöglich über Jahrhunderte hinweg.«

Bei der Standort-Suche müsse man sich nach fachlichen Kriterien und nicht nach dem St. Florians-Prinzip richten, meint Münzing, der eine Lanze für die Energiewende bricht. In und um Münsingen werden derzeit mehrere Windkraft- und Freiflächen-PV-Anlagen realisiert. »Die Endlager-Diskussion muss uns vor Augen führen, dass ein Zurück zur Atom-Energie keine Lösung ist, wenn wir immer noch nicht wissen, wie wir mit dem Müll umgehen.«

44 Prozent der Fläche Deutschlands noch im Rennen: Auch Gebiet bei Nürtingen

Der westliche Teil des Landkreises Reutlingen wurde als Erdbebengebiet mit den Erdbebenzonen 2 und 3 bereits im ersten Prüfschritt 1 aus der Endlagersuche ausgeschlossen, teilt das Landratsamt Reutlingen zum Thema mit. Im genaueren Untersuchungsprozess durch das BGE seien nun weitere Teile als gering geeignet oder als Kategorie C eingestuft worden. Ein Großteil des Landkreises Reutlingen komme damit für das Endlager nicht mehr in Frage. Lediglich in den Gemeindebereichen von Zwiefalten und in Grafenberg befinden sich sehr kleine Gebiete, die hinsichtlich ihrer Eignung noch nicht näher untersucht worden sind.

Nach dem neuen Arbeitsstand der BGE kommen rund 44 Prozent der Landesfläche in Deutschland weiterhin grundsätzlich infrage – in der Regel, weil hier noch keine weitere Einordnung durch Experten erfolgt ist. In solch einem Teilgebiet befinden sich etwa die Stadt Nürtingen oder die Gemeinden Großbettlingen, Frickenhausen und Neckartailfingen. Die Region zwischen Tübingen und dem Bodensee ist von der BGW bereits früher ausgeschlossen worden, da das Ausschlusskriterium »Seismische Aktivität« erfüllt ist.

Verglichen mit dem ersten Bericht der BGE zu den Teilgebieten aus dem September 2020 hat sich damit die Fläche um rund zehn Prozent reduziert. Die bisherigen Ergebnisse wurden auf der Internetseite der BGE als interaktive Karte veröffentlicht. (GEA/dpa)