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Aktuell Reaktorunglück

Pfullinger Arbeitskreis »Unser Leben« erinnert an den Supergau in Tschernobyl

Zum 35. Mal gab es im Pfullinger Schlösslespark eine Veranstaltung zum Gedenken an die großen Atomreaktorunfälle, diesmal mit Ma
Zum 35. Mal gab es im Pfullinger Schlösslespark eine Veranstaltung zum Gedenken an die großen Atomreaktorunfälle, diesmal mit Masken und Corona-Abstand. FOTO: BARAL
Zum 35. Mal gab es im Pfullinger Schlösslespark eine Veranstaltung zum Gedenken an die großen Atomreaktorunfälle, diesmal mit Masken und Corona-Abstand. FOTO: BARAL

PFULLINGEN. Mit Gesichtsmasken, großen Abständen zueinander und mit Absperrband getrennt vom Weg begingen am Montagabend 35 Pfullinger den 35. Gedenktag zur Erinnerung an die Katastrophen der zivilen Nutzung der Atomkraft in Tschernobyl im Jahr 1986 und in Fukushima vor zehn Jahren.

Der Arbeitskreis »Unser Leben« im CVJM Pfullingen freue sich, dass es gelungen sei, in diesem Jahr wieder einen Gedenkgottesdienst an der inzwischen schon hoch gewachsenen Trauerbirke im Schlösslespark begehen zu können, erklärte Ulrike Schmid. Die Birke war einst vom Arbeitskreis als Erinnerungsort gepflanzt worden.

Die Katastrophen in den beiden Atomkraftwerken hätten immerhin dazu geführt, dass zumindest in Deutschland das Ende dieser Energieform bevorstehe: Im Jahr 2022 soll das letzte Atomkraftwerk vom Netz gehen. An den Orten der Katastrophen sei allerdings noch gar nichts gut, so Schmid.

Zwar versuche die ukrainische Regierung inzwischen, das Gebiet um den havarierten Atommeiler in Tschernobyl wirtschaftlich zu nutzen, es vor allem zu einem touristischen Anziehungspunkt zu machen. Doch werde dort immer wieder, beispielsweise durch Waldbrände, der Boden aufgewühlt und dabei viel Radioaktivität freigesetzt.

Supergau auch hier möglich

Auch in Fukushima versuche die japanische Regierung, Normalität zu suggerieren im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen, die in diesem Jahr in Tokio stattfinden sollen, berichtete Irmtraud Winterling. Doch auch dort sei nichts normal. Die Möglichkeiten, radioaktiv verseuchtes Wasser aus den zerstörten Meilern auf dem Gelände zu lagern, seien bald erschöpft; die Verklappung im Meer werde vorbereitet – trotz des Protests von Fischern und Nachbarstaaten.

»Sechs Atomkraftwerke arbeiten derzeit noch im Land«, erläuterte Dr. Gerhard Wolf. Vor allem die Vorgänge in Neckarwestheim, nur 70 Kilometer Luftlinie von Pfullingen entfernt, machten ihm Sorgen, weil dort starke Risse an Kühlrohren beobachtet würden: Wenn mehr als eins dieser tausend Rohre platze, dann sei auch hierzulande ein Supergau möglich, fürchtet Wolf.

Er beobachte zudem bei vielen Menschen, die diese Kernkraftwerksunfälle nicht mehr richtig in Erinnerung hätten, den Trend, sich »viele kleine Atomkraftwerke« zu wünschen, um eine Technik zur CO2-Einsparung zu bekommen. Aber die Risiken der Atomtechnik blieben auch bei diesen kleineren Einheiten bestehen. Wer sich für die Problematik interessiere und sich informieren wolle, könne sich die Serie »Chernobyl« anschauen, die derzeit im Fernsehen zu sehen sei, erklärte Wolf.

Mit verschiedenen Beiträgen des Verkleinerten Posaunenchors und mit Worten aus dem Schöpfungsbericht der Bibel mahnte schließlich Susanne Hofmayer, es sei Aufgabe der Menschen, sich zur Bewahrung der Schöpfung wie »umsichtige Gärtner« zu verhalten und Verantwortung für den Lebensraum Erde zu tragen. Waren bei früheren Veranstaltungen der Pfullinger Gruppe oft schlechtes Wetter und Kälte prägend, so zeigte sich in diesem so von der Pandemie betroffenen Jahr eine freundliche Sonne über der Gedenkgemeinde. (tb)