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Pfullingen: Feuerwehr übt Umgang mit brennenden E-Autos

PFULLINGEN. Schwarzer dichter Rauch steigt aus einem Auto. Das Fahrzeug brennt, die Feuerwehr nähert sich mit einem Löschtrupp. Doch Vorsicht ist geboten: Es hängt an einer Ladesäule und E-Autos verhalten sich bei einem Brand anders als Verbrenner. Das kann für die Einsatzkräfte gefährlich werden. Am Samstag übten rund 30 Vertreter in Pfullingen von Feuerwehren aus dem gesamten Landkreis, wie sie sich praktisch in einem solchen Fall verhalten, um vor allem auch sich selbst zu schützen.

"So ein E-Auto verbrennt mit bis zu 1.300 Grad Celsius, das ist entgegen den Verbrennern mit rund 800 Grad Celsius noch einmal deutlich mehr", sagt Daniel Rothmaier. Der Maschinenbauingenieur hat zusammen mit Elektroingenieur Christian Kern ein Trainingskonzept für die Helfer entwickelt. Beide haben bislang bundesweit, nach eigenen Angaben, in den vergangenen zweieinhalb Jahren etwa 8000 Helfer weitergebildet. Klar ist: Das Brandverhalten nach einem Unfall oder an der Ladesäule ist anders, aber "es ist beherrschbar". Es ergänzt das Einsatzverhalten, das die Helfer aus dem Effeff beherrschen.  "Wir bilden uns ständig weiter, um auf der Höhe der Zeit zu sein", erklärt Dietmar Rall. "Es ist nicht so, dass wir in unbekanntem Terrain agieren.

Wahrscheinlichkeit solcher Einsätze erhöht sich

Im Gegenteil: Unfälle mit E-Autos sind zwar noch nicht an der Tagesordnung, doch es gab sie schon vereinzelt", so der Kommandant der Pfullinger Feuerwehr. Da aber leicht auszurechnen ist, dass sich die Wahrscheinlichkeit solcher Einsätze mit der Anzahl der elektrischen Fahrzeuge in naher Zukunft erhöht, ergänze solch ein zusätzliches Seminar die Ausbildung. "Es hilft bei den Frauen und Männer der Freiwilligen Feuerwehren, Ängste abzubauen vor dem Unbekannten", so Wolfram Auch. "Theorie allein ist wichtig, bringt aber nicht viel, wenn man sie nicht angewandt hat. Hier können es die Feuerwehrmänner und frauen", so der Kreisbrandmeister.

Weil Rothmaier und Kern, die ihre Firma Q4Flo nennen, grundlegende Dinge strukturiert, theoretisch ansprechen und in praktischem Teil üben lassen. Dafür haben sie extra ein Fahrzeug auf Basis eines handelsüblichen Pkw entwickelt und patentieren lassen, unter das sie Rauch und Qualm legen, um einen möglichst realistisches Szenario für die Helfer darzustellen. Die Pfullinger Feuerwehr stellte ihr Gelände und die Infrastruktur zur Verfügung, der Landkreis Reutlingen unter Federführung von Kreisbrandmeister Wolfram Auch hat das Seminar angeboten, "um allen Feuerwehren im Kreis die Möglichkeit zu geben, daran teilzunehmen.

E-Autos können überall verunfallen oder verunglücken", erläutert Wolfram Auch die Motivation, eine in der Fläche möglichst breite Ausbildungsqualität aufrechtzuerhalten. "Damit geben wir auch finanzschwächere Gemeinden die Gelegenheit, daran teilzunehmen." Denn das Seminar kostet Geld. Lohne sich aber, wie die Teilnehmer sagen. 

Die Spannung kann potenziell tödlich sein

Timo Bröckel führte eine Einheit an das brennende Fahrzeug heran. Der Gruppenführer der Bad Uracher Freiwilligen Feuerwehr informiert sich beim Halter, was passiert ist und schaut sich das Datenblatt des Kraftfahrzeugs an. Das ist ein Unterschied zur Vorgehensweise bei Bränden von Verbrennern. Einen anderen hört man nicht: Die Fahrbereitschaft der elektrischen Autos kann vorhanden sein, aber von den Einsatzkräften nicht vernommen werden.

Eine wichtige Erkenntnis für Bröckel und seine Kameraden ist, dass das Hochvoltsystem solcher Fahrzeuge, die beschädigt sind, automatisch abgeschaltet wird. »Doch es bleibt ein Restrisiko«, ergänzt Christian Kern und mahnt die Teilnehmer: »Die Spannung kann potenziell tödlich sein, vor allem können chemische Substanzen austreten«. Auf jeden Fall muss Timo Bröckel und sein Trupp immer auch eine Wärmebildkamera im Einsatz haben, da Hitzeentwicklung im Akku nicht sichtbar ist. Vor allem aber lässt sich so ein Akku nicht aktiv löschen, wie Kern erläutert. »Man muss ihm Wärme entziehen. Man braucht sehr viel Löschwasser, was nicht immer zum Erfolg führt. Oder man lässt ihn gezielt abbrennen«.

Theorie und Praxis gut abgestimmt

Viele solcher Erkenntnisse nahmen die Helfer mit auf den Nachhauseweg. Dort in den Gemeinden geben sie ihr Wissen an die Kameraden weiter und ihnen die Angst vor dem Unbekannten nehmen. Dietmar Rall hat einen ganz pragmatischen Rat zur Stelle. »Wenn man den gesunden Menschenverstand einsetzt, dann reichen die heutigen Fähigkeiten der Feuerwehrleute aus«. Dass es nicht zu einem solchen Fall kommt, davon gehen die Helfer nicht aus. Oder wie es Maik Schleicher aus Bad Urach sagt: »Wir stellen uns nicht darauf ein, dass es nicht passiert, sondern wann es passiert«.

Michael Rapp aus Hayingen bedankte sich bei den Ausbildern für das Trainingskonzept. Theorie und Praxis seien sehr gut aufeinander abgestimmt. »Der Aufbau der Einheiten ist sehr zielführend. Ich fahre jetzt ganz beruhigt auf Einsätze bei einem Verkehrsunfall oder einem Brand mit einem E-Auto. Denn ich habe gelernt: Das ist beherrschbar, auch wenn es für uns Feuerwehrkräfte aufwendiger ist, die Gefahrenlage unter Kontrolle zu bekommen«. (GEA)