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Hocken für Fortgeschrittene: GEA-Redakteurin über ihre »Erlebnisse« in Asien

GEA-Redakteurin Claudia Hailfinger ist weiter auf Weltreise. In ihrem neuesten Bericht beschäftigt sie sich mit einem allzu menschlichen Bedürfnis. Was sie dabei in Asien erlebt hat.

Claudia Hailfinger unterwegs im Himalaya. FOTO: HAILFINGER
Claudia Hailfinger unterwegs im Himalaya. FOTO: HAILFINGER
Claudia Hailfinger unterwegs im Himalaya. FOTO: HAILFINGER

Dass es neulich die Klobrille zerlegt hat, als ich mich draufgesetzt habe – ich nehm’s nicht persönlich. Die hatte bestimmt schon vorher einen Riss. Nach monatelangem ungeschicktem Kauern über Hockklos in Indien und Nepal musste ich einfach mal wieder ablassen, also Gewicht von den Beinen.

Hockklos sind eine Aufgabe: Die richtige Position auf der Keramik rund ums Loch finden, sich niederlassen, Balance halten, bei Schwankungen am Türgriff festhalten oder an der Rückwand abstützen – dabei möglichst wenig berühren –, hoffen, dass es nicht allzu lange geht, und letztlich wieder hochkommen.

Hocken für Fortgeschrittene ist in manchem Holzhäuschen in den Höhen des Himalayas gefragt. Dort wird es nachts so kalt, dass das Wasser auf der Keramik gefriert, es schwierig wird, Kurs zu halten. Licht gibt’s dort auch keins. Besser so. Warum sich Wasser auf der Einfassung befindet? Weil der gefüllte Eimer, der samt Schöpfbecher mit im Kämmerchen steht, die Spülung ersetzt.

Und übrigens auch das Klopapier. Dass zur Reinigung bei Einheimischen außerdem die linke Hand zum Einsatz kommt, ist für die meisten Touristen aus dem Westen dann doch zuviel.

»Aus den Serviettenspendern in Restaurants heimlich ein paar Lagen in die Tasche stecken«

Also müssen sie sich auf die Suche machen. Aus den Serviettenspendern in Restaurants heimlich ein paar Lagen in die Tasche stecken, diskret über Kiosktheken flüstern: »Do you have toilet paper?« Und sich die Freude nicht anmerken lassen, wenn sie die Rollen zu Pyramiden gestapelt auf dem Tresen eines Cafés entdecken.

Auch was die restliche Körperhygiene betrifft, ist der Einheimische sparsam unterwegs: Statt Duschbrause kommt oft der bereits erwähnte Eimer samt Becher zum Einsatz. Statt auf Taschentücher wird auf die Ein-Nasenloch-zuhalten-und-kräftig-ausatmen-Methode gesetzt, was tiefer sitzt, geräuschvoll heraufbefördert und ausgespuckt.

Aber genug davon. Es gibt auch schöne kulturelle Besonderheiten in den beiden südasiatischen Ländern. Dass zum Gruß die Handflächen aneinander gepresst und mit einer Vorbeuge ans Herz geführt werden etwa. Oder dass in Indien die Männer oft Händchen haltend durch die Straßen gehen, einfach als Zeichen der Verbundenheit.

Erstaunt darf man beim Blick auf die Speisekarte sein, wo »Maggi« als eigene Sparte gelistet wird: In Pappbecher gefülltes Trockenfutter wird, aufgegossen mit heißem Wasser, zum beliebten Snack. Unklar bleibt, was es mit dem waagrechten Kopfwackeln auf sich hat, das regelmäßig als Antwort auf eine Frage folgt. Irgendetwas zwischen Ja, Nein und Vielleicht muss es sein.

Sich Wundern gehört zum Reisen dazu. Und das ist gut. Es hält den Geist auf Trab, relativiert Selbstverständliches, eröffnet neue Optionen. Manchmal bleibt’s auch beim Wundern. Wie neulich bei der Ankunft in Vietnam, beim Kauf einer lokalen SIM-Karte fürs Handy. »Blink ma’am« (Madam), sagt die freundliche Asiatin hinterm Tresen. Blink? Blinken? Ähm? »Can you please help me ma’am – blink!«, wiederholt sie und hält mir ihr Smartphone vors Gesicht. Ich schaue seriös hinein. Nein! Sie macht’s vor, klimpert engagiert mit den künstlichen Wimpern. Ach so. Ich blinzle mit. Wieso auch nicht. (GEA)

 

DIE AUTORIN

Claudia Hailfinger, jahrelang Lokalredakteurin beim GEA, zuerst in Mössingen, dann in Pfullingen, hat im November 2021 ihren Stift gegen einen Rucksack, ihr Zuhause gegen das Unter-wegssein getauscht. In unregelmäßigen Abständen berichtet sie hier über ihre Weltreise. (GEA)