DETTINGEN. In diesem verrückten, von Corona geprägten Jahr lief für Nicola Veith nichts, wie sie es erhofft und geplant hatte. Und doch zieht die 20-Jährige nach einer monatelangen emotionalen Berg- und Talfahrt eine versöhnliche Bilanz: »Man muss die Situation akzeptieren und das Beste daraus machen.« Die junge Dettingerin hat denn auch ihre Lebenspläne nach bestandenem Abitur umgestellt: Statt im Krüger Nationalpark zu jobben, beginnt Nicola Veith nun eine Ausbildung als Zahntechnikerin. Sie ist sehr zufrieden mit ihrer Entscheidung.
Die Zeit vor dem Abitur ist sowieso mit viel Anspannung verbunden, erst recht für Nicola Veith als Waldorfschülerin: Die befinden sich vor der Reifeprüfung in einer Umgewöhnungsphase, haben ein Jahr Zeit, um den Prüfungsstoff zu pauken. Und in dieser Phase kam Corona, zunächst noch nicht mit voller Wucht und den letzten Konsequenzen – aber erste Szenarien, was wohl mit dem Abitur wäre, spuckten bereits im Kopf ihrer Mitschüler herum. Die Lage sei immer ernster geworden, an den letzten gemeinsamen Schultag vor dem Lockdown kann sich die 20-Jährige noch ganz genau erinnern: »Wir Abiturienten saßen noch zusammen, und ab da war alles anders.«
Das Abitur sei auf der Kippe gestanden, Schüler und Lehrer seien zusehends nervös geworden. »Ich persönlich war sehr skeptisch, wie Unterricht digital funktioniert«, blickt sie auf angstvolle Zeiten zurück. Die Wissenslücken seien noch groß gewesen. Letztlich klappte es besser als erwartet, auch wenn manche Lehrer zunächst komplett abgetaucht seien. Keine Vorbereitungstreffen in den Gruppen, kein gemeinsames Chillen nach einer Lerneinheit: »Irgendwann schlich sich bei uns allen eine gewisse Gleichgültigkeit ein«, so ihre Erinnerung. »Wir wussten nicht, wann und ob das Abitur ist, mussten uns aber darauf vorbereitet.«
Die Abschlussfahrt ist zu ihrem großen Bedauern komplett ausgefallen, das feierliche Abschlussfest letztlich auch: »Das war mehr eine Zeugnisübergabe.« Früh hatte Nicola Veith die Weichen für die Nach-Abitur-Zeit gestellt, ein Studium sollte es nicht gleich sein: Die Arbeit im Krüger Nationalpark in Südafrika war organisiert – da war bald klar, dass daraus nichts wird. Stattdessen wollte sie in einem Schildkröten-Projekt in Griechenland jobben – auch das fiel der dynamischen Corona-Entwicklung zum Opfer.
»Ich wollte aber nach dem Abitur nicht in ein Loch fallen und habe dann von Monat zu Monat gedacht«, erzählt Nicola Veith. Unter anderem machte sie das Bodensee-Schifferpatent. Zu Hause zu sitzen ist nicht ihr Ding, deshalb hat sie nachgedacht, was sie machen könne – man müsse eben Initiative zeigen. Das hat sie getan, deshalb die Ausbildung zur Zahntechnikerin. Eine relativ kurzfristige Entscheidung, diese Spontanität habe sie quasi Corona zu verdanken: »Ich bin entspannter geworden.« (GEA)