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Aktuell GEA-Wahlpodium

Wer passt zum Chefsessel in Wannweil?

Wannweil zählt 5 315 Einwohner. Fast 900 waren zum GEA-Wahlpodium gekommen, was als ausgesprochen viel gelten kann: Die zwischen Reutlingen und Tübingen gelegene Gemeinde sucht einen neuen Bürgermeister, nachdem sich die Amtsinhaberin Anette Rösch aus gesundheitlichen Gründen zurückzieht. Fünf von sieben Kandidaten haben sich in der Uhlandhalle den Fragen der GEA-Redakteure und der Bürger gestellt

Volles Haus: Mit fast 900 Gästen ist das GEA-Wahlpodium auf einen ausgesprochen guten Zuspruch gestoßen. Viel mehr nimmt die Uhl
Volles Haus: Mit fast 900 Gästen ist das GEA-Wahlpodium auf einen ausgesprochen guten Zuspruch gestoßen. Viel mehr nimmt die Uhlandhalle nicht auf. Foto: Markus Niethammer
Volles Haus: Mit fast 900 Gästen ist das GEA-Wahlpodium auf einen ausgesprochen guten Zuspruch gestoßen. Viel mehr nimmt die Uhlandhalle nicht auf.
Foto: Markus Niethammer

WANNWEIL. Locker ging es los: Michael Hagel (38), Dr. Christian Majer (35), Jürgen Fischer (55), Dr. Niels Joeres (47) und Thomas Jäger (51) durften zum Aufwärmen schon einmal auf dem Rathaus-Chefsessel Probe sitzen, der extra auf die Bühne der Uhlandhalle gestellt worden war. Ein Stuhl, der zwar schon 23 Jahre alt ist, auf dem sich aber alle fünf Kandidaten nach eigenem Bekunden wohlfühlten. Wer am Ende dort Platz nimmt, entscheidet sich am Sonntag, 21. Oktober, falls keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht, am 4. November. Und wer sich bislang noch nicht sicher war, wen er wählt, wusste nach dem gut zweieinhalbstündigen GEA-Wahlpodium mit den Schwerpunkten Bürgerbeteiligung, Verkehr, Wohnen/Bauen und Gewerbe/Finanzen schon mal mehr.

 

Bürgerbeteiligung. Seit eine Bürgerinitiative, angeführt von Dr. Niels Joeres, es mit einem Bürgerentscheid geschafft hat, einen Gemeinderatsbeschluss zum Bau von Sozialwohnungen zu kippen, ist Wannweil gespalten. Der Bürgerentscheid, sagt Joeres als Bürgermeister-Kandidat, sei gut und richtig gewesen, doch jetzt müssten die Wannweiler wieder zusammengeführt werden, um Gräben zuzuschütten. So wie in Metzingen, wo inzwischen im Streit um die Zukunft der städtischen Bäder zwei Bürgerinitiativen gegeneinander kämpfen, sollte es zwar nicht laufen, erklärte Michael Hagel. »Aber das muss ein Bürgermeister aushalten«. Christian Majer (»Ich bin die gelebte Bürgernähe«) möchte Entscheidungen von vornherein auf mehrere Schultern verteilen, während Jürgen Fischer eine feste Bürgerfragestunde in öffentlichen Sitzungen für richtig hält, wie es in anderen Kommunen längst üblich ist. Thomas Jäger setzt auf elektronische Medien wie Facebook, von denen er sich ein schnelles Feedback erhofft.

GEA-Wahlpodium: Auf der Bühne der Uhlandhalle in Wannweil (von links) Michael Hagel, Dr. Christian Majer, Jürgen Fischer, Dr. Ni
GEA-Wahlpodium: Auf der Bühne der Uhlandhalle in Wannweil (von links) Michael Hagel, Dr. Christian Majer, Jürgen Fischer, Dr. Niels Joeres und Thomas Jäger, die von den GEA-Redakteuren Gisela Sämann und Andreas Fink befragt wurden. Abgesagt hatten die Bürgermeisterkandidaten Max Knoll und Axel Hund. Foto: Markus Niethammer
GEA-Wahlpodium: Auf der Bühne der Uhlandhalle in Wannweil (von links) Michael Hagel, Dr. Christian Majer, Jürgen Fischer, Dr. Niels Joeres und Thomas Jäger, die von den GEA-Redakteuren Gisela Sämann und Andreas Fink befragt wurden. Abgesagt hatten die Bürgermeisterkandidaten Max Knoll und Axel Hund.
Foto: Markus Niethammer

Verkehr. Wannweil besteht zwar nicht nur aus der Hauptstraße, doch die hat es in sich. Sie ist viel befahren, sorgt damit immer wieder für Ärger. Konkrete Lösungen hatte keiner der Kandidaten, denn ohne überörtliche Behörden geht hier nichts. Fischer möchte mehr Zebrastreifen. Aber auch Tempo 30 wäre eine Lösung, während Jäger eher für 50 plädiert. »Die Frage ist, ob Tempo 30 generell sinnvoll ist«, sagte er, ohne sich selbst festzulegen. Majer spricht von mangelhaften Verbindungen nach Tübingen oder Reutlingen, die er verbessern möchte. Er will mit den Verkehrsträgern bessere Konditionen aushandeln, einen Bürgerbus einrichten oder mit Nachbarkommunen einen Shuttlebus auf die Beine stellen. Die Frage, wie er das finanzieren möchte, ließ er unbeantwortet. Aber: Majer ist für Tempo 50, solange zwei Autos aneinander vorbeikommen. Hagel sprach sich für eine Radschnellverbindung in die benachbarten Zentren aus. Und Joeres? Er möchte die Hauptstraße aufwerten, quasi als Aushängeschild, eventuell mit Blumenkübeln, um damit auch das Parken zu regulieren.

Wohnen/Bauen. Das Tema brennt auf den Nägeln. Doch ein Neubaugebiet bringt keiner der Kandidaten ins Gespräch. Vielmehr wollen alle das nutzen, was da ist. Brachliegende Grundstücke. Joeres denkt zunächst an einen Ortsentwicklungsplan und daran, eine eigene Wohnungsbaugesellschaft zu gründen. »Da gibt es durchaus gute Beispiele«. Von Mehrgenerationenhäusern spricht Hagel, während Majer davon überzeugt ist, dass Großprojekte gar nicht notwendig sind, wenn man nur auf die Eigentümer von ungenutzten Grundstücken oder Häusern zugehe. Nach Ansicht Fischers ist Wannweil in den vergangenen Jahren eh zu schnell gewachsen. In einem Tempo, das er so nicht weiter mitmachen möchte. Laut Jäger braucht es in dieser Sache einen langen Atem. Er möchte Konzepte jenseits von »viereckig mit Flachdach« umsetzen.

Gewerbe/Finanzen. Ohne Geld ist alles nichts: Wannweil lebt hauptsächlich von der Einkommensteuer. Niels Joeres hat deshalb schon darüber nachgedacht, die Gewerbesteuer zu senken, um neue Betriebe nach Wannweil zu locken. »Wir brauchen mehr Unternehmen«, sagt er. Es gäbe durchaus Flächen dafür, doch man müsse etwas tun, um Gewerbeansiedlung im Ort attraktiv zu machen. Thomas Jäger möchte dagegen die Unternehmen, die bereits im Ort sind, stärken und mit ihnen über Perspektiven sprechen. Doch wo die liegen, blieb offen. Aktive Wirtschaftsförderung liegt Christian Majer am Herzen. »Die Gewerbesteuereinnahmen müssen erhöht werden.« Dafür möchte er jede kleine Fläche dahingehend überprüfen, ob sie geeignet sind, Unternehmen anzusiedeln. Viele Grundstücke habe Wannweil aber nicht. Jürgen Fischer schwebt in der alten Spinnerei ein Technologiepark vor, für den er die Gespräche mit dem Eigentümer – die Holy AG – intensivieren möchte. Kleiner denkt dagegen Michael Hagel. An große Gewerbeansiedlung glaubt er nicht, Hagel setzt vielmehr auf kleinere Unternehmen. Wofür auch Mischgebiete infrage kämen.

Michael Hagel (links) und Christian Majer waren in der Publikumsrunde am meisten gefragt.
Michael Hagel (links) und Christian Majer waren in der Publikumsrunde am meisten gefragt. Foto: Markus Niethammer
Michael Hagel (links) und Christian Majer waren in der Publikumsrunde am meisten gefragt.
Foto: Markus Niethammer

Bürgerfragen. Natürlich zum Verkehr. Für einen Wannweiler sind vor allem die seinen Worten zufolge wild abgestellten Anhänger in der Ortsdurchfahrt ein Ärgernis. »Die würde ich am liebsten in die Echaz schieben.« Was tun, fragte er Hagel und Majer. Beide wollen dort das Parken einschränken. Ein anderer bescheinigte Christian Majer tolles Auftreten. Er habe zudem einen guten Wahlkampf gemacht, doch er frage sich, was er nun eigentlich gesagt hat. Michael Hagel will im Fall seiner Wahl weiterhin in Pfullingen wohnen, weshalb ein Wannweiler wissen wollte, wie er es sich vorstellt, von dort aus den Ort zu »regieren«. Die Antwort kurz und knapp: »Sie werden das nicht merken.« Überhaupt: Eine sogenannte Residenzpflicht für Bürgermeister gibt es schon lange nicht mehr.

Fazit. Zum Schluss bleibt festzustellen: So manche Antwort fiel wenig konkret aus, doch auch das mag hilfreich sein, wenn es darum geht, den künftigen Bürgermeister zu wählen. Am Sonntag, 21. Oktober. (GEA)