METZINGEN/URACH/WANNWEIL. Die Narren haben am Schmotzigen Donnerstag auch im Erms- und Echaztal die Rathäuser gestürmt und das Zepter von den (Ober)Bürgermeistern übernommen – genauer, den Schlüssel, der diesmal teilweise anders aussah als früher.
Metzingen
Die Goischter Weisau waren politisch angetrieben: Einen Traktor-Orden haben die im Rathaus versammelten rund zehn Metzinger Narren Oberbürgermeisterin Carmen Haberstroh verliehen, solidarisch mit den vielerorts protestierenden Bauern: »Wir würden jämmerlich verhungern und nur noch in der Ecke lungern«, reimte Chef-Närrin Martina Drechsler, triebe man die Landwirte durch gestrichene finanzielle Vergünstigungen etwa beim Agrardiesel in die Enge. Ein Goischter-Kreuzwortquiz, bei dem die Lösungsworte auch mal um die Ecke liefen, hatte die Rathauschefin unter ihrer rosaroten Schweinemütze auch noch zu knacken. Bürgermeister Kollege Patrick Hubertz half per Zuruf kräftig mit.
Zuvor hatte die Stadtverwaltung die einheimischen Hästräger, die durch ein paar Wotan Hexen aus Reutlingen und Uschlagberghexen aus Pfullingen verstärkt wurden, auch schon quizzen lassen. »Wieviele (Ober)Bürgermeister gab es vor mir in der Stadt?«, fragte Haber-stroh, und »wann wurde Metzingen erstmals urkundlich erwähnt?« 14 und 1075 waren die richtigen Zahlen.
Den Rathausschlüssel eroberten die Narren diesmal mit dem Hammer: Ein rosa Sparschwein hing in der Luft und musste geschlachtet werden. Heraus kamen etliche Gold-Silber-Taler genauso wie der Schlüssel – dieser allerdings als Keycard, also digital. »Wir leben im 21. Jahrhundert«, merkte die OB, die sich später mit ihren schrill verkleideten Bürgermeisterkollegen Patrick Hubertz und Markus Haas und einigen Kindergartenkindern bereitweillig in den pantomimischen Narrenbob ziehen ließ, augenzwinkernd an.
Bad Urach
Die Alafanz – die Uracher Narrenzunft – verlangte von Bürgermeister Elmar Rebmann und seiner Assistentin Tanja Feucht sportliche … nun, keine Höchstleistungen, aber immerhin ein bisschen Körperbewegung. Seilhüpfen zum Beispiel. Das klappte nach kurzen Startschwierigkeiten wie am Schnürchen. Mit dem Hula-Hoop-Reifen haben die beiden Rathäusler noch deutlich Luft nach oben. Zur Belohnung – oder eher zur Strafe – gab’s Leckereien wie Salamibrot mit Nutella.
Wannweil
Ganz schön beachtlich, dass es in der mit 5,34 Quadratkilometern kleinsten Flächengemeinde des Landkreises gleich drei Narrengruppen und -zünfte gibt. Die Esel, Wilden Weiber und Burghau-Goischter gaben gestern beim Rathaussturm umso mehr Gas. Bevor Bürgermeister Christian Majer das närrische Volk ins Rathaus ließ, mussten es erst ein paar Fragen beantworten. Wer ein rechter Wannweiler oder eine rechte Wannweilerin ist, weiß, welches Tier und welches Gebäude im Ortswappen dargestellt wird und was die Schlange der Sage nach zu essen und trinken bekam. »Du, sauf net bloß Milch, friß ao d’Brocka«, heißt es. Wenn die Esel mal ratlos waren, zogen sie den Joker in Form von FWV-Gemeinderätin Martina Lietz, die sich unter einer Esel-Maske versteckte.
»Wieviel Geld gibt der Bürgermeister monatlich für seine Stylisten aus – also Friseur, Schminken und Pudern?« Diese Frage haben die Närrinnen und Narren schnell beantwortet. Ganz einfach: keinen Cent – die Haarpracht des Schultes ist eher überschaubar. Auch der 1. Oberesel Lasse Thelen stellte den ersten Mann im Rathaus auf die Probe. Der weiß jetzt, wie schwer ein Esel-Häs ist: sechseinhalb Kilo alles in allem. (GEA)