METZINGEN. Großes Kino erlebten die zahlreichen Besucher im Luna – und das ganz ohne bewegte Filmbilder. Für »Klang und Wort« wurde das Lichtspielhaus jetzt schon zum zweiten Mal zur Bühne für einen ungewöhnlichen, bezaubernden, stimmungsvollen Cocktail der Emotionen und Sinneseindrücke, bei dem die Musikschule Metzingen ihre talentierten und spielfreudigen Lehrer und ausgewählte Schüler zu einem bunten, kurzweiligen Konzert mit Literaturdelikatessen ins Halbdunkel des Kino-Scheinwerferlichts rückte.
Immer für eine Überraschung gut, ließen Musikschulleiter Bruno Seitz und Musiklehrer Nicolas Pfeifle den ersten Beitrag des Abends – »Moosruf« – nicht wie erwartet von der Bühne ertönen, sondern hinter der letzten Reihe erschallen. Wunderschön und gefühlvoll spielten sich Nina Cichon an der Klarinette, Constanze Marggraf an der Bratsche und Yi-Hsin Lee am Klavier mit anmutigen und berührenden Interpretationen von Paul Juon und Robert Schumann in die Herzen der Zuhörerinnen und Zuhörer.
Das Kunstlied erhielt an verschiedenen Stellen eine Stimme: unter anderem von Laila Zürn, gefühlvoll und mit schönem Timbre transportierte sie die Musik der Romantik, dargeboten mit ihrer Klavierbegleitung Hexuan Liu. Den Kinosaal mit wundervollen, fast meditativen Tönen erfüllte Heinrich Herpich mit dem Stück »A little prayer« von Evelyn Glennie. Gesangspädagogin Christina Reges-Manz präsentierte mit sinnlich umhüllender Stimme Lieder von Hugo Wolf. Genussvoll und charmant zelebrierte sie die Stücke immer wieder mit einem Augenzwinkern und inszenierte die Werke mit hinreißend-frecher Attitude.
Mit dem Disney-Klassiker »The colors of the wind« kam noch ein ganz anderes Liedgenre auf die Bühne, einfühlsam, stark und unprätentiös interpretiert von der brillant klingenden Isabell Sulzberger. Die fesselnde Klammer bildete Kunstvermittlerin Bettina Scharping, die zwischen den musikalischen Köstlichkeiten das Publikum mit viel Ruhe, geübter und vielseitiger Artikulation und an den richtigen Stellen einer Portion Schauspiel fesselte und immer wieder zum Innehalten, Nachdenken und Schmunzeln einlud.
Mit einer abenteuerlichen und überraschenden Bandbreite an ausgewählten Büchern, Texten, Zitaten und Lyrik schaffte sie für die Zuhörenden ein Flair, bei dem sich Musik und Worte harmonisch ergänzten, in spannendem Kontrast standen und sich wechselseitig geradezu perfektionierten.
Eine ganz andere Atmosphäre schaffte Scharping mit dem Buch »Jetzt ist Sense«, in dem sehr witzig und nur vordergründig über den Tod, vielmehr über das Leben philosophiert wird. Geradezu beklemmend mutete die fast psychologische Studie des Jean-Baptiste Grenouille an, für den die Welt nur aus olfaktorischen Komponenten besteht und der dafür sogar mordet.
Die Alphörner, deren Naturtöne mit ihrer einmaligen Brillanz und den vollen, getragenen Klängen nicht nur perfekt zur rauen Berglandschaft, sondern auch zum Triumphmarsch aus der Oper »Aida« passen, beendeten fulminant eine unterhaltsame, kurzweilige und gehaltvolle Soiree, die etliche Besucher in beseelter Stimmung zurückließ: »Ich habe heute so viel Schönes gehört und gelauscht – der Abend war eine herrliche Reizung meiner Sinne!« (eg)